Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK OSTPOLITIK - Deutschland über alles
zurück 50 Jahre Weltkrieg II Die Gedenkstunde im Bundestag und ihre nationale Botschaft:AUS DEM VERLORENEN KRIEG FOLGEN LAUTER DEUTSCHE ANSPRÜCHE
D i e Heuchelei haben sie alle gekonnt, neulich im Bundestag; von Kanzler Kohl bis zu Ex-Kanzler Brandt und vom schwarzen Dreg- ger bis zum grünen Morallehrer: Weil wir Deutschen den Krieg ver- loren haben, tragen wir heute, 50 Jahre nach dem gelungenen Über- fall auf Polen, eine ganz "besondere Verantwortung". Und zwar da- für, daß die Nachkriegswelt endlich wieder in Ordnung kommt. In eine Ordnung, versteht sich, die uns Deutschen paßt. Denn sonst ist unser Krieg irgendwie doch noch gar nicht richtig zu Ende... Vier Stunden lang haben die bundesdeutschen Volksvertreter sich moralisch darauf verpflichtet, in Erinnerung an den Weltkrieg al- les das besonders heftig zu betreiben, was sie sowieso tun, um Deutschland wieder größer und zur europäischen Führungsmacht zu machen. 50 Millionen Tote "mahnen" - glaubt man den Bonner Poli- tikern, dann mahnen sie vor allem mehr politische Erfolge der bundesdeutschen Staatsmacht an. Das geht z.B. so: Wir Deutsche haben den Krieg verloren. Seither ist Deutschland und Europa g e t e i l t. Dieses Unglück - für wen ist das überhaupt ein Unglück? - haben wir zu verantworten. Das heißt, wir müssen dafür sorgen, daß Deutschland wieder so ei- nig, groß und mächtig wird wie ehedem. Und daß Europa nicht bloß halb, sondern ganz unter westliche Kontrolle kommt. Erst dann ist der Weltkrieg wirklich vorbei. - Im Klartext: Die deutsche Nie- derlage muß ungeschehen gemacht werden. Bis dahin geben wir Deut- schen keine Ruhe. Das versprechen wir allen, die unter Hitlers Krieg besonders gelitten haben! Dasselbe nochmal so: Vor Kriegsbeginn hat Hitler mit der So- wjetunion, die er erst später überfallen wollte, einen Stillhal- tepakt geschlossen. Insofern waren die Russen mit in den Kriegs- ausbruch verwickelt. Wir Deutschen haben für den Krieg mit einer saftigen Niederlage gebüßt. Und die Russen? Die brauchten für gar nichts zu büßen. Im Gegenteil: Bloß weil sie unseren Krieg gewon- nen hat, führt die Sowjetunion sich als Supermacht auf und hat sogar ihr Territorium vergrößert. So war das nicht gemeint! So darf es also auf gar keinen Fall bleiben. Die Russen müssen wie- der raus aus Ost-Mitteleuropa; sie dürfen keinen Vorteil aus dem Krieg behalten, den sie gewonnen haben. Dafür müssen vor allem wir Deutsche sorgen; denn schließlich haben wir diesen Krieg ja angefangen! Und nochmal dasselbe: Nicht nur für uns Deutsche, auch für unsere polnischen Nachbarn hat der Krieg ein schlimmes Ende genommen. Denn seither gehören sie zum Ostblock. Dabei darf es nicht blei- ben. Gerade wir Deutsche müssen Polen helfen, daß es endlich in das Reich des kapitalistischen Westens heimkehrt. Vor allem, daß unsere geschäftstüchtigen deutschen Kapitalisten da drüben fette freie Geschäfte machen, sind wir den Polen einfach schuldig - schließlich sind sie neulich in unserem guten Namen überfallen worden! Bundesdeutsche Politiker mischen sich überall ein, können keinen Nachbarn in Ruhe lassen, haben sich insbesondere eine Neusortie- rung der osteuropäischen Staatenwelt vorgenommen. Das machen sie sowieso; das ist ihr Beruf. Aus Anlaß des Weltkriegs-Jubiläums haben sie sich dazu wieder einmal beglückwünscht. Frech und schamlos haben sie der Welt verkündet, das alles täten sie letzt- lich bloß aus Scham über den vergeigten Krieg. Was haben wir doch für prächtige Führer! Die Sache mit der polnischen Westgrenze: ---------------------------------------- Christdemokratische Heucheleien ------------------------------- Wir k ö n n t e n den Polen gar keine sicheren Grenzen garan- tieren - so lautet ein beliebtes CDU-Argument zur Frage der an Polen gegangenen Ostgebiete des ehemaligen deutschen Reiches -, weil wir als BRD mit Polen gar keine gemeinsame Grenze haben. Wie wahr. Irgendwie liegt die DDR ja schon noch dazwischen. Diese Kleinigkeit hindert christliche Großdeutschland-Politiker vom Schlage Dregger und Waigel ansonsten aber überhaupt nicht daran, sich als die berufenen Rechtsanwälte einer beliebig großen deutschen Nation und sämtlicher großdeutschen Grenzen aufzufüh- ren. Gerade sie stehen doch auf dem Standpunkt, ihre BRD wäre gar nicht bloß die BRD und an der Westgrenze der DDR zuende, sondern im Grunde irgendwie immer noch eine viel größere Nation und "Rechtsnachfolger des deutschen Reiches". Warum mögen sie dann nicht einmal im Namen dieses größeren Deutschland, für das sie fortwährend die Verantwortung tragen möchten, klipp und klar erklären, daß ihre vorgestellte größere Nation im Osten ab sofort und ein für allemal ein Stück eher auf- hört?! Na klar, das wäre ganz paradox: Das ganze Gerede von dem "noch nicht untergegangenen deutschen Reich" und von fortbestehenden Rechten auf neue Grenzen aus Hitlers Tagen wird ja nur dazu veranstaltet, um den politischen Standpunkt aufrechtzuerhalten, daß deutsche Politiker sich gerade n i c h t mit der gegenwär- tigen polnischen Westgrenze abfinden wollen - von der Existenz der DDR ganz zu schweigen. Sie beschwören immerzu ein deutsches Recht auf polnisches Gebiet, auf das sie als kleine und beschei- dene BRD-Politiker gar nicht verzichten k ö n n t e n und d ü r f t e n; die Wahrheit ist, daß sie als höchst unbescheide- ner Fan-Club eines zukünftigen Großdeutschland um keinen Preis auf einen solchen Rechtstitel verzichten w o l l e n. Und was versprechen sie sich von einem solchen windigen Rechtsti- tel? Das ist bei ihrem verflossenen Führer nachzulesen. Hitler hat seinen Gefolgsleuten mal erklärt, was Staatsmänner zu tun ha- ben, die ihren Staat vergrößern wollen, aber momentan keine Chance dazu sehen: "Ein verantwortlicher Staatsführer muß seinem Nachfolger eine ganze Schublade von Rechtsansprüchen mehr oder weniger klarer Art hinterlassen, damit dieser sie bei später einmal notwendigen Aus- einandersetzungen als "heilige Ansprüche" heranziehen kann. Es zeugt für die Weisheit eines Staatsoberhaupts, wenn er derartige Rechtstitel seinem Nachfolger auf all den Gebieten hinterläßt, auf denen nach menschlichem Ermessen überhaupt jemals irgendwel- che nationalen Probleme akut werden könnten." D a s haben Dregger und Co sich gut gemerkt. Aus Hitlers verlo- renem Krieg haben sie auf alle Fälle jede Menge "mehr oder weni- ger klarer nationaler Rechtsansprüche" geerbt. Oder anders ausgedrückt: Es sind eben nach wie vor allein die russischen Truppen, die dem polnischen Staat eine sichere West- grenze garantieren - auch wenn das die meisten Polen selbst schon nicht mehr wahrhaben wollen! * Bei der Feierstunde zum Kriegsbeginn hat Alfred Dregger noch eine andere, noch edelmütigere Begründung dafür abgegeben, warum man den Polen ihre Westgebiete wieder wegnehmen sollte. Als guter Christ ist der gottgläubige Alfred nämlich für die A u s s ö h n u n g d e r N a t i o n e n. Damit die auch zwi- schen Deutschen und Polen klappt, darf es natürlich keine offenen n a t i o n a l e n S t r e i t f r a g e n geben. Eine solche ist aber nun einmal die Sache mit den Ostgebieten des früheren deutschen Reiches. Sie ist das zwar einzig und allein deswegen, weil Leute wie Dregger sie zur nationalen Streitfrage e r k l ä r e n, die unbedingt "offengehalten" werden müßte. Da- mit g i b t' s nun aber den Streitpunkt. Und der steht der Aus- söhnung unerbittlich im Wege, solange ... nein, nicht solange deutsche Weltpolitiker ein größeres Deutschland wollen, sondern solange die Polen sich nicht fügen und ihre Westgebiete nicht wieder herausgerückt haben. Deswegen müssen die Polen einsehen, daß die wahre Versöhnung, die Dregger mit ihnen will, erst klap- pen kann, wenn Ostpreußen, Pommern und Schlesien endlich wieder "heimgeholt" worden sind... Damit die Polen Dreggers edle Beweggründe auch richtig verstehen, hat der CDU/CSU-Fraktionschef den alten Stalin bemüht, den zur Zeit ja auch drüben keiner mehr leiden kann. Der hätte - meint Dregger - die deutschen Ostgebiete nur deshalb Polen zugeschlagen um Deutsche und Polen dauerhaft gegeneinander aufzubringen. Die- ser teuflische Plan darf nicht gelingen. Er muß vereitelt werden. Und weil das nie und nimmer dadurch geht, daß die Deutschen auf- geben, geht es nur so, daß die Polen dieses Gelände wieder her- ausrücken. Das sind sie ihrem Antistalinismus einfach schuldig. Und wir frommen Deutschen, die wir Hitler prächtig bewältigt ha- ben, behalten uns vor, an unseren Grenzansprüchen zu überprüfen, ob der Ostblock seinen Stalin genausogut bewältigt! zurück