Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK OSTPOLITIK - Deutschland über alles
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SYSTEMVERGLEICH UNSTATTHAFT
"Verteilen von Flugblättern endet in Stadelheim
Zur Berichterstattung der SZ über die Demonstrationen in Ost-Ber-
lin: Scheinheilige Entrüstung muß man das nennen, was unsere Re-
gierung mit ihrem Protest gegen das Vorgehen des Staatssicher-
heitsdienstes bei Demonstrationen in Ost-Berlin betreibt. Verhaf-
tungen auf offener Straße, erkennungsdienstliche Behandlung (d.h.
Verbrecherphoto und Fingerabdrücke), Leibesvisitationen
(teilweise mit völliger Entkleidung), schikanöse Hausdurchsuchun-
gen - das kann man alles sehr intensiv hier im Westen und ganz
besonders in Bayern, sprich München, erleben, wenn man es wagt,
seine Demonstrations- und Meinungsfreiheit in Sachen Frieden und
Abrüstung wahrzunehmen. Und was noch schlimmer ist: die oberste
bayerische Gerichtsbarkeit heißt die Verfolgung von Menschen, die
den Einsatz von Atomraketen verhindern wollen, auch noch für gut
(vgl. 'Urteil zu Sitzblockaden' in der SZ vom 4.1.)
Jetzt - am Montag, 25. Januar - mußte ein Münchner Bürger, der
auf der Straße Flugblätter gegen die Pershing-II-Atomraketen ver-
teilen wollte, sogar nach Stadelheim in die Haft. Eine Schande
für unseren Staat, der doch ein Rechtsstaat sein will und sich
angeblich so sehr um die Verschrottung eben dieser Atomraketen
bemüht! Erzürnte, aufrechte Bürger haben gelegentlich aus solchem
Anlaß von Nazi-Methoden gesprochen. Ich halte diesen Vergleich
allein schon aus dem Grunde nicht für geeignet, weil sich die
meisten der Menschen heute mangels eigenen Erlebens den Nazi-
Staat gar nicht gut vorstellen können. Besser bekannt ist ihnen
die heutige DDR. Und was dort vorgeht, ist mit den bei uns er-
folgten Entgleisungen von Polizei und höchster bayerischer Justiz
durchaus vergleichbar. Was in Ost-Berlin passiert ist, ist
schlimm. Noch schlimmer ist, daß es auch hier in der Bundesrepu-
blik Deutschland passiert.
Andreas Kippe... "
(Süddeutsche Zeitung, 30.1.)
"Geldstrafe soll auf andere Art beigebracht werden
Zu dem Leserbrief 'Verteilen von Flugblättern endet in Stadel-
heim' des Herrn Kippe in der SZ vom 30./31.1.:
Der Versuch des Herrn Andreas Kippe, einen rechtskräftig verur-
teilten Straftäter zum Märtyrer für den Frieden hochzustilisie-
ren, ist zum Scheitern verurteilt. Seine Behauptung: 'Jetzt - am
Montag, 25. Januar - mußte ein Münchner Bürger, der auf der
Straße Flugblätter gegen die Pershing-II-Atomraketen verteilen
wollte, sogar nach Stadelheim in die Haft' ist f a l s c h. Der
Betreffende wurde zu keiner Freiheitsstrafe, sondern wegen er-
folgloser öffentlicher Aufforderung zu Straftaten zu einer Geld-
strafe von zehn Tagessätzen verurteilt. Die Verurteilung erfolgte
nicht wegen Verteilung von Flugblättern gegen P e r s h i n g -
I I -Atomraketen, sondern weil in den von ihm verteilten Flug-
blättern zur Blockade des Haupteingangs des 'US-Airfields in Mut-
langen' aufgefordert wurde. Er befindet sich in dieser Sache
nicht in Haft.
Der Verurteilte hat sich geweigert, die verhängte Geldstrafe zu
bezahlen. Die Staatsanwaltschaft hat die deswegen angeordnete
Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe aufgehoben und ihm mitge-
teilt, daß nach Paragr. 459e StPO versucht wird, die Geldstrafe
auf andere Art beizubringen. Wer so mit der Wahrheit umgeht wie
Herr Kippe, sollte tunlichst Hinweise auf Nazi-Methoden unterlas-
sen.
Dr. Heribert Pongratz
Leiter der Justizpressestelle bei dem Oberlandesgericht Mün-
chen..."
(SZ, 13.2.)
Mit Rosa gegen Strauß?
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"Nach Angaben der CSU verfolgten mehr als 10.000 Zuhörer die mehr
als dreieinhalbstündige Rede von Strauß, die mit Lautsprechern
auch ins Freie übertragen wurde. Zwei Hundertschaften der Bereit-
schaftspolizei waren zur Sicherung abgestellt. Zu einem kleineren
Zwischenfall kam es zu Beginn der Rede, als mehrere junge Pas-
sauer ein Transparent mit der Aufschrift 'Freiheit ist immer die
Freiheit des Andersdenkenden' entrollten. Ordner entfernten das
Transparent unter dem Beifall der umstehenden Zuschauer." (SZ,
18.2.)
Die Retourkutsche konnte ja nicht ausbleiben, und man merkt, wie
wenig sie taugt.
Die Verwechslung von Rechtsstaatlichkeit und Öffentlichkeit mit
staatlichen Geschenken an die Bürger tut ihre Dienste bei der mo-
ralischen Denunziation des a n d e r e n Systems - für ihre
Klientel legt die BRD Wert auf die Klarstellung, daß es sich da-
bei um nichts anderes als um Instrumente ihrer Herrschaft han-
delt. Daraus könnte man schon lernen, was Demokratie ist; dann
ist aber auch eine ander Kritik fällig als der Vergleich mit ih-
ren Idealen.
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