Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK OSTPOLITIK - Deutschland über alles
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DIE FRAGE DES MONATS - ODER OB ER ÜBERHAUPT NICHT KOMMT
N i c h t g e s t e l l t haben die Russen diese Frage. Erich
Honecker, der seinen Besuch zugesagt hat, auch nicht.
Gestellt haben sie bundesrepublikanische Politiker täglich von
neuem. Ob und unter welchen Bedingungen er kommen d a r f, be-
handeln sie nämlich, entgegen dem von ihnen erzeugten Schein, als
i h r e Entscheidung.
Kommen d a r f er nur, um u n s e r e Forderungen zu erfül-
len, so daß man die sowjetische Kritik an der innerdeutschen Po-
litik als großartigen Anlaß ausgenützt hat, klarzustellen, daß
sich der Besuch l o h n e n muß - für uns selbstverständlich.
"Der Vorsitzende des innerdeutschen Bundestags-Ausschusses, Ger-
hard Reddemann (CDU), zu BamS: 'Die Sowjets wollen mit ihrem
Störfeuer nur erreichen, daß wir in den Honecker-Besuch mit Null-
Forderungen hineinzugehen."
Seitdem setzt man unablässig das Gerücht in die Welt, die So-
wjetunion wolle Honecker den Besuch v e r b i e t e n. Damit es
auch noch der hinterletzte Depp mitbekommt, daß der Besuch abge-
wickelt wird, um Fortschritte in der innerdeutschen Politik zu
erpressen, und zwar Fortschritte, die sich g e g e n d i e
S o w j e t u n i o n wenden. Nachdem das klar war, hat Alfred
Dregger den großartigen Einfall bekommen, die BRD könne sich in
ihrer ganzen Souveränität etwas vergeben, wenn der Schein ent-
stünde, es käme ihr auf den Besuch an. Das haben wir doch nicht
nötig.
"Die Zukunft der Bundesregierung hängt nicht davon ab, daß der
Honecker uns die Ehre seines Besuchs zuteil werden läßt. Ich
möchte davor warnen, Honecker zu dem Besuch zu drängen, denn es
ist eine große Aufwertung des Generalsekretärs sowie der DDR,
wenn Herr Honecker hier in der Bundesrepublik empfangen wird."
Der folgende Streit über das Thema: "W o l l e n wir überhaupt,
daß er kommt?" -
Kohl: "Ich sehe keinen Grund, warum er nicht kommen sollte." -
war ein mustergültiger Streit unter ebenso einigen wie unver-
schämten Nationalisten: Kommen soll er, weil wir es nicht im ge-
ringsten nötig haben, zur Durchsetzung unserer Forderungen der
DDR auch nur ein Minimum an Anerkennung zu erweisen.
Daher heißt die korrekte Antwort auf die zwischenzeitlich aus
Ostberlin eingetroffene Beschwerde auch ungefähr so: Die DDR
solle endlich einmal die von ihr geführte Scheindebatte, ob er
nun kommt oder nicht, beenden.
Journalist: "Muß Herr Honecker nicht endlich einmal Stellung neh-
men?"
Kohl: "ja Wenn wir den Termin einhalten wollen, muß die Entschei-
dung jetzt fallen. Sie ist sozusagen überreif."
Eigentlich müßte sich Honecker öffentlich bei uns entschuldigen
und darum bitten, einreisen zu dürfen. Es sei denn, er besinnt
sich eines Besseren und kommt nicht.
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