Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK OSTPOLITIK - Deutschland über alles
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DIE BESSEREN DEUTSCHEN
Nein! Vaterlandslose Gesellen sind sie nicht. Sie möchten es auch
nicht sein. Wenn Grüne schon mal in lichten Augenblicken das Sub-
jekt ihrer Kriegsangst andeutungsweise benennen - "Eine Politik
der Wiedervereinigung und des Offenhaltens der deutschen Frage
halten wir für friedensbedrohend" -, dann haben sie Andreotti
nachgeplappert und ziehen ihre Kritik tags darauf wieder ein.
Schily arbeitet den patriotischen Kern der Kritik heraus. Ener-
gisch weist er "Pan-Germanismus" und "Revanchismus" zurück. Sol-
che Vorwürfe will er nicht auf der Bundesregierung sitzen lassen.
Vom Wiedervereinigungsgedanken nimmt er Abschied, um ihn als
grenzüberschreitendes Ideal wiedererstehen zu lassen:
"Es wäre mir herzlich gleichgültig, ob as zwei deutsche Staaten
gibt oder nur einen, wenn mit dem Abschied vom Wiedervereini-
gungsgedanken die DDR bestehen bliebe, die Mauer verschwände, und
wenn bei einer stärkeren Demokratisierung der DDR ein freierer
Reiseverkehr zwischen beiden deutschen Staaten möglich wäre."
Wozu dann eigentlich die Präambel des Grundgesetzes ändern? Mehr
würde die auch nicht verlangen, und die CDU kommt mit ihr zum
selben Ergebnis: Weg mit der Mauer: Demokratie und Freizügigkeit
Für die DDR! Ein weiterer Freistaat in der BRD! Im Namen der Men-
schen in ganz Deutschland! Für diese Illusion einer freiwilligen
Selbstauflösung der DDR wollen sie sie jetzt schon völkerrecht-
lich anerkennen. Antje Vollmer hat die "deutschlandpolitische Po-
sition" - sowas muß man schon haben, wenn man auf sich als Deut-
sche(r) was hält - grundsätzlich geklärt. In Opposition gegen die
Wiedervereinigung von oben propagiert sie "sozusagen eine Vernet-
zung von unten" (= gut, weil Basis!) und kaut unverbrämt die For-
meln des innerdeutschen Ministeriums wieder: "Auf der Basis der
Anerkennung der politischen Realitäten... wachsende Annäherung
der Menschen in beiden Gesellschaftssystemen... Kontakte auf al-
len gesellschaftlichen Ebenen." Jammernd erhebt sie gegen die
Wiedervereinigungspolitiker den Vorwurf der Spaltung Deutsch-
lands, unter der sie ganz persönlich leidet:
"...so ist die Existenz zweier deutscher Staaten und zweier Ge-
sellschaftssysteme auf deutschem Boden das Ergebnis der 40 Jahre
währenden Deutschlandpolitik unter Ihrer Verantwortung. Wir tra-
gen diese Konsequenzen und wir tragen sie durchaus mit Wut und
auch mit Trauer."
Aber was soll einem schon anderes einfallen als Gesamtdeutsch-
land, das einige Volk und seine leidvolle Spaltung, wenn man die
"deutsche Frage" nicht kritisieren, sondern beantworten will! Was
soll einem da schon anderes aufstoßen als die mangelhafte Souve-
ränität der BRD: "... von der US-Regierung abhängig... kulturell
völlig dem 'American way of life' ausgeliefert..." Ein Vorwurf an
die Regierung, der sich der schönen Vorstellung einer anderen
Rolle der Republik in der Welt verdankt. Programmatisch und im
Gestus einer besseren Planerin der Weltgeschichte stellt die
grüne Fraktionssprecherin die Frage:
"Welche Rolle soll eigentlich eine deutsche Republik in der Mitte
Europas spielen?"
Wer solch eine Frage stellt, weiß natürlich auch eine passende
Antwort:
"Wir fühlen uns der Tradition eines anderen Deutschland ver-
pflichtet, eines Deutschlands - in der Mitte Europas gelegen -
mit einer durchaus bescheidenen Bedeutung im Rahmen der Weltpoli-
tik und mit wichtigen kulturellen Traditionen."
Eine gesamtdeutsche Friedensmacht ohne Großmachtambitionen, Welt-
politik gewaltfrei, globaler Einfluß, an dem sich niemand stört
mit Goethe, Schiller und Beuys - ein sauberes Ideal.
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