Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK OSTPOLITIK - Deutschland über alles
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Vollzieht die westdeutsche Nation eine Rückkehr zum Kalten Krieg, zu den politischen Methoden der 50er Jahre, in denen das System "Ostblock" wie ein nicht-anzuerkennendes "Unding" behandelt wurde und man die Faktizität eines zweiten Staats auf deutschem Boden praktisch als total verwerfliche "Unmöglichkeit" definierte und sich dementsprechend aufführte? Kommen sie wieder aus ihren Löchern, die "Ratten" von echter deutscher Art, die "unverbesserlichen Deutschnationalen", die vor Ärger schwarz-rot-gold werden, wenn sie auf der deutschen Land- karte die "unnatürlichen" Grenzen betrachten? Erwacht wieder der ursprüngliche gesamtdeutsche Geist, der militante "Revanchismus" nach dem verlorenen Krieg, wenn Vertriebenenführer gegen ein "verkürztes Deutschlandbild" auftreten? "Niemand erwarte, daß die gegenwärtigen Machtverhältnisse unter- schlagen würden, andererseits dürfe aber auch nicht unterschlagen werden, daß östlich von Oder und Neiße noch deutsche Gebiete lä- gen." (Hupka) Nun, geschlafen hat da niemand nie, und unterschlagen hat auch keiner etwas! Es war lediglich die Methode, die sich in der Zeit der Entspannung änderte, den grundgesetzlich festgeschriebenen Anspruch auf alle ehemals deutschen Gebiete im Osten zu verfol- gen. Das große, friedliche Entgegenkommen bestand darin, zuzuge- stehen, daß es die DDR wirklich gibt und daß die westlichen Gren- zen Polens und der Sowjetunion auch real existieren. Dieses Ver- fahren der sozialliberalen Regierung, per "Wandel durch Fort- schritt" der DDR ihren staatlichen Status und überhaupt die Rechtmäßigkeit des status quo in Mitteleuropa zu bestreiten, hatte von Anbeginn seine Kritiker: die C-Gruppen und Tochterver- bände um Springer, Löwenthal etc.; Vertriebenenverbände sowie ganz frische Flüchtlinge aus dem Osten. Mit "Unrechtsstaaten", die zudem noch über deutsches Gebiet herrschen, Verträge abzu- schließen, galt und gilt ihnen als "Ausverkauf deutschen Interes- ses, als Verzicht auf den nationalen Anspruch "Wiederver- einigung". Dieser unmittelbar anspruchsvolle Standpunkt, der unter dem Erfolg der Deutschland- und Ostpolitik der Sozialliberalen ein wenig an Öffentlichkeitswirksamkeit einbüßte, gedeiht wieder, seitdem die Macher der Wende unmißverständlich deutlich machen, daß ihre Kontinuität in der Deutschlandpolitik die angeblichen Schwachheiten und scheinbaren Zugeständnisse der bisherigen zu eliminieren gedenkt. Das deutsche geistige Klima, das Kohl und Konsorten damit für ihre fortschrittliche Vorwärts- verteidigung schaffen, können sie gut gebrauchen. Aber nicht etwa deshalb, weil sie das "Rad" der Politik zum Kalten Krieg "zurückdrehen" wollten - das wäre geradezu bescheiden, wenn man sich an die Stellung der BRD damals erinnert -, sondern weil sie mehr wollen. Eine "nationale Aufgabe" - größer als die Nation ------------------------------------------------ Von diplomatischem Fingerspitzengefühl zeugen die Töne, die die C-Parteien und ihr Kanzler anschlagen, nicht gerade. Selbst auf diplomatischem Gebiet ist es zweifelhaft, ob "gutnachbarliche Be- ziehungen" dadurch zustandekommen, daß man dem Nachbarn ein ums andere Mal eins reinwürgt in sein staatliches Gefüge und Selbst- bewußtsein. Aber das ist offenbar der Punkt, daß den christlichen Freunden des Friedens alle zustandegekommenen Beziehungen zur DDR und ihren Hinterländern, mögen sie auch noch so wenig mit norma- len politischen Beziehungen gemein gehabt haben, als ungehörige Höflichkeiten erscheinen, die man zu einem Feind, der einem Deut- sches weggenommen hat, nicht unterhält. Kohl, Strauß, Zimmermann, Barzel und wie die guten Deutschen alle heißen; leisten sich Frechheiten, die normalerweise ein jeder Staat mit der Aufkündi- gung aller diplomatischen Gepflogenheiten beantworten müßte, weil die Angriffe selbst nichts anderes als Kalter Krieg sind. "Pacta sunt servanda" betonen sie ein ums andere Mal - wer hat das wohl nötig -, um dann ungeniert dem lieben Vertragspartner zu bedeuten, wie er sich gefälligst zu verhalten hat, nämlich nach Maßgabe westdeutschen Alleinvertretungsanspruchs. Die Interpreta- tion der beschlossenen Ostverträge bestimmt die BRD. Was die CSU will, der Bundestag beschlossen hat und das Bundesverfassungsge- richt noch einmal in diesem Sinne auslegte, muß "als festge- schriebener Vertragsinhalt auch (?) den Vertragspartnern gegen- über zur Geltung gebracht werden." (Sechs-Punkte-Programm der CSU). Grenzabfertigungen stellen drüben allsogleich unziemliche Übergriffe dar - "Abbau der Schikanen bei den Grenzabfertigungen seitens der DDR" (ebenda) -, weil ein freier Deutscher sich auf deutschem Boden von denen nicht in den Paß schauen zu lassen braucht, zumal wir unseren Herztod in Frieden und Freiheit be- stimmen. Überhaupt gilt auch für die Bürger drüben, daß sie zu 'uns' gehören "Regelung der deutschen Staatsangehörigkeit, die auch für die Bürger der DDR gilt" (ebenda). Eine Grenze, ein Recht besitzt diese Souveränität drüben nie und nimmer, sonst wäre sie ja wirklich ein deutscher Frei s t a a t. "Die CSU legt Wert darauf, daß Unrecht als Unrecht bezeichnet wird. Eine Grenze mit Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl kann für uns nie eine normale Grenze sein." (ebenda) Schließlich verlieben sich die modernen Kalten Krieger so sehr in "Geist und Buchstaben" ihres Interesses, daß sie auf ein seltsa- mes Bild aus der Geschäftswelt verfallen, dem bisher jegliche Ausgewogenheit gefehlt haben soll: "Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung muß wieder stimmen." (ebenda) Da zählt selbst- verständlich nicht, was die DDR alles bei Aufgabe ihrer Selbst- achtung zugestanden hat. Der Mindestumtauschsatz muß endgültig runter, sonst keine Gegenleistung. Worin die von westdeutscher Seite aus besteht, hat Oberflüchtling Czaja in dankenswerter Klarheit definiert: "...daß künftig für westliche Hilfe (!) an osteuropäische Länder Gegenleistungen wie Rüstungsminderung, vor allem aber Abbau der Mauern und der Unterdrückung erreicht werden solle. Weitere Hil- fen für Polen dürften nur gewährt werden bei Vereinbarungen über die Menschenrechte und die Rechte für die 800.000 in Oberschle- sien lebenden Deutschen." Nein, von den Verträgen soll kein einziger gebrochen werden, selbst die CSU ist da generell prinzipientreu: "Sondern (?) wir verlangen, daß sie so ausgelegt werden, wie es der Würde unseres Staats und wie es unseren Rechten und Ansprü- chen, auch aus diesen Verträgen entspricht." (Strauß) Und Vordenker Kohl, der geistige Führer der Nation, weiß genau, was der deutsch-deutsche Grundlagenvertrag mit seinem Buchstaben "Normalisierung" nur gemeint haben kann: "Wir sprechen aus, daß für uns die Lage in Deutschland erst dann normal ist, wenn das Selbstbestimmungsrecht und die allgemeinen (!) Rechte und Freiheiten für alle Deutsche gelten." (Brief an die Exil-CDU) Mehr als 10 Jahre nach Abschluß der Verträge hat der deutsche Geist der Erneuerung herausgefunden, welche beschlossenen Ver- tragsforderungen vom 'Partner' alle noch nicht erfüllt worden sind. "Keine radikale Änderung der Vertragspolitik" (Strauß) - 'wir' sind doch nicht der Hitler -, aber radikale Einforderung der Ansprüche, die 'wir' in das Vertragswerk hineinlegen wollen. Die Kritik an der bisherigen Deutschlandpolitik bezichtigt diese - mag sie es auch noch so wenig gewesen sein - der Großzügigkeit, die man dem Regime drüben gegenüber nie und nimmer walten lassen dürfe. Die Wende und ihre Funktionäre werden sehr kleinlich, wenn es um die DDR und die Staaten geht, die sonst noch auf Teilen des Deutschen Reichs sitzen. Sie messen jedes nebensächliche Vorkomm- nis in der DDR, in den deutschen Beziehungen, in Polen und in der CSSR an dem absoluten Anspruch, zu dem sich die Gründungsväter der BRD aufgefordert haben. "Kontinuität ist kein rotes Fädchen" (sondern ein schwarz-rot- goldenes); "Kontinuität ist das Bekenntnis zur Tradition des de- mokratischen Deutschland. In der Deutschlandpolitik bedeutet Kon- tinuität das Bekenntnis zur Präambel des Grundgesetzes, die das ganze deutsche Volk aufruft, seine Einheit in Freiheit zu vollen- den." (Barzel) So als hätte man gestern das "Einheitsverlangen unseres Volkes" (ebenda) vergessen, wird beklagt, daß Schüler nicht mehr wissen, daß Ostpreußen ein ureigenstes deutsches Ländchen ist und gefor- dert, "die Frage der Einheit der Nation vertieft" im Unterricht zu "erörtern". Die Förderer des deutschen Anspruchs legen Wert darauf, "daß die Einheit der Deutschen, der deutschen Nation eine Kraft der Gegenwart ist" (Barzel), die sich auch in Wort und Tat und ohne Relativierung durch "Realitäten" äußert. Wie um einem Mißverständnis zu begegnen, zu dem die offizielle Ideologie von der "friedlichen Wiedervereinigung" führen könnte, bemühen sich die regierende Herrschaft und ihr Gefolge draußen im Lande her- auszustreichen, daß mit dem Prädikat "friedlich" das Gegenteil von Aufgabe des Rechts auf Wiedervereinigung ganz Deutschlands gemeint ist. Die Geschichte dränge auf eine Lösung, sagen sie, wenn sie die "Deutsche Frage" forsch beantworten wollen. Aber diese "nationale Aufgabe" verstärkt ins Bewußtsein 'zurückzuholen' und gereinigt von falschen, weil angeblich nach- giebigen Vorbehalten in Politik umzusetzen, dieses Anliegen geht von vornherein über die bloße Wiedererweckung des Problems der deutschen Teilung hinaus, dem man sich ernsthaft widmen wolle; genauso gibt es zu erkennen, daß das "deutsche Interesse" mit der Eingemeindung der restlichen deutschen Gebiete im Osten keines- wegs Glück und letzte Zufriedenheit findet. Kanzler Kohl findet das auch: "Die Nation bewahren Meine Damen und Herren, eine gefährliche Grenze verläuft quer durch Deutschland - dort, wo noch immer die Mitte Europas liegt. Diese Grenze trennt die Deutschen, sie trennt die Europäer, sie trennt Ost und West. Vernunft und Menschlichkeit können sich nicht damit abfinden, daß an dieser Linie das Selbstbestimmungs- recht aufhören soll. Die geschichtliche Erfahrung zeigt: Der gegenwärtige Zustand ist nicht unabänderlich. Realpolitik: ja, Resignation: nein! Es sind jetzt 30 Jahre, seitdem der Volksaufstand des 17. Juni 1953 im sowjetischen Machtbereich aller Welt den Freiheitswillen der Deutschen demonstrierte. Mauer, Stacheldraht, Schießbefehl und Schikanen sind auch heute noch ein Anschlag auf die Mensch- lichkeit. Wo sie existieren, gibt es keine Normalität. Wir schweigen nicht, wenn Menschenrechte verletzt werden: Zu die- sen Menschenrechten gehört das Recht auf Meinungs- und Informati- onsfreiheit und auf Freizügigkeit. Wir wissen: Aus eigener Kraft allein können wir Deutsche den Zu- stand der Teilung nicht ändern. Wir können und müssen ihn aber, wenn möglich, erträglicher und weniger gefährlich machen. Ändern kann er sich in Wahrheit auf Dauer nur im Rahmen einer dauerhaf- ten Friedensordnung in Europa. Für die Überwindung der deutschen Teilung haben wir den Rückhalt im Bündnis und in der Europäischen Gemeinschaft nötig. Sie garan- tieren uns Sicherheit und Freiheit, sie stützen die Hoffnung auf Einheit - nicht nur Deutschlands, sondern auch Europas. Das Bünd- nis und das geeinte Europa - wir brauchen sie mehr als andere." (Regierungserklärung vom 4. Mai '83) Der Schluß dieses Programms der Bewahrung und Wiederherstellung der einen Deutschen Nation klingt nur vordergründig bescheiden: Erträglicher, weniger gefährlich wolle man die Teilung gestalten; allein habe die BRD nicht die Kraft zur Überwindung der gespalte- nen Nation; Westdeutschland braucht dafür das westliche Bündnis. Von der Selbstverständlichkeit, daß für eine Wiedervereinigung die Einwilligung der Staaten vonnöten ist, die heute über ehemals deutsche Gebiete ihre staatliche Hoheit ausüben, ist nicht die Rede - weil damit erst gar nicht gerechnet wird. "Europäische Friedensordnung", das meint nicht eine einvernehmliche Regelung mit den osteuropäischen Staaten, in der vielleicht auch eine Ver- vollständigung Westdeutschlands ausgehandelt wird. Solche Illu- sionen über die Änderbarkeit des gegenwärtigen Zustands hat den Bewahrern der Nation ihre geschichtliche Erfahrung nicht eingege- ben. Die Friedensordnung, die man anstrebt und beansprucht und für die man den Rückhalt des Bündnisses braucht, rechnet gerade nicht mit einem Verhandlungspartner, den man anerkennt und mit dem man sich auf dieser Grundlage einigen will. Für anerkennens- wert wird so gut wie nichts an dem deutschen Staat drüben gehal- ten: Seine Grenze ist anormal und unmenschlich; sein Umgang mit den Untertanen verletzt die Menschenrechte; ein Selbstbestim- mungsrecht läßt die DDR auch nicht zu (Meint Kohl damit etwa auch die Möglichkeit, daß sich die DDR-Bürger entscheiden, weiter i h r e m Staat dienen zu wollen?). Keine Frage, wer sich hinter der "Vernunft und Menschlichkeit" verbirgt, die sich mit alledem nicht abfinden will. Die Prinzipien der demokratischen Herrschaft im Westen sind allein vernünftig, die Art, wie hier die Bürger benutzt werden, ist allein menschlich. Wer sich dem versperrt und ein anderes System aufmacht, dem wird Abnormität bescheinigt und Feindschaft erklärt. Wenn die Bonner Herrschaften es also nicht dulden wollen, "daß an dieser Linie das Selbstbestimmungsrecht aufhören soll", dann sind sie weit über den relativ bescheidenen Anspruch, als Nation wieder ganz werden zu wollen, hinaus. Die DDR ist nicht nur ein Feind der Westdeutschen, weil sie der BRD deutsches Land vorenthält. Sie ist als zum Ostblock gehöriges Sy- stem Feind des westlichen Bündnisses und seines Anspruchs, seine Prinzipien von Herrschaft; Handel und Wandel - Freiheit genannt - überall nach eigenem Gutdünken und zu eigenem Nutzen walten zu lassen. Die Klimax, die der Kanzler pathetisch vorträgt, versinn- bildlicht die ganze Wucht des Anspruchs: "...dort, wo noch immer die Mitte Europas liegt. Diese Grenze trennt die Deutschen, trennt die Europäer, sie trennt Ost und West." Was soll denn so verwerflich sein an den nach dem Krieg neu auf- gemachten Trennungen und Grenzen - es sei denn man will hinüber- steigen? Wen stört es denn, daß ein einmal Europa genanntes Ge- biet heute nicht mehr zusammen ist? Wo es doch noch nie zusammen war! Doch nur das politische Interesse, dem der Zugriff zum Osten nicht so offensteht,wie es sich das wünscht. Die deutsche Teilung ist ein Ärgernis für die BRD, aber damit hört der Anspruch nicht auf, daß man Wiedervereinigung will. Europa, also die westliche Friedensordnung, die westliche Welt, also deren Interessen, sol- len und wollen ihren Einfluß auf den Osten ausdehnen, damit auch dort die Freiheit des Westens segensreich wirke. Unter dieses globale Programm der "Befreiung" des Ostblocks gehört das deut- sche Kampfprogramm "Wiedervereinigung", das mit der gar nicht be- scheidenen Parole daherkommt: Wir wollen im Bündnis und mit ihm alles und damit auch die deutsche Einheit. Deutsch-deutsche Offensive - gegen den Hauptfeind ------------------------------------------------- Für die politische und militärpolitische Offensive der USA und der NATO erfüllt der westdeutsche Frontstaat mit seinem Anspruch auf Wiedervereinigung die passende Sonderfunktion. Mit dem for- cierten Pochen auf Lösung der nationalen Frage, mit der Wiederer- weckung der Sprache des Kalten Krieges und der Beförderung eines Klimas, das die letzten Jahre Deutschlandpolitik der Nachgiebig- keit zeiht, spielt die BRD ihren extra Part in der Diplomatie - soweit man das noch so nennen kann - der fortgesetzten Erpressung des östlichen Hauptfeinds Sowjetunion. Wenn, die USA für den "Hort des Bösen" die Endlösung vorgesehen haben und so alle di- plomatischen Rücksichtnahmen gegenüber dem Hauptfeind fallen las- sen, so unterstützt die BRD diese Vorkriegsdiplomatie gegen die Russen, indem sie ihr selbst beschlossenes Recht auf eine Lösung der Deutschen Frage aggressiv und ohne Rücksicht auf vorhandene Realitäten behauptet und gegen die DDR wendet - und nicht nur ge- gen diese. Den Polen wird mitgeteilt, daß ihre real existierende Westgrenze sowie die Nordgrenze durch Ostpreußen als vorübergehende Erschei- nung zu betrachten ist, zumal es keinen Friedensvertrag gebe. Für den wirklichen Frieden appelliert der Standartenträger der Ober- schlesier, Czaja, an die Koalition und Opposition, "stärker als bisher national und international deutsche Interessen zu vertre- ten". Derselbe weist Polen sehr informativ auf die "Gültigkeit des Londoner Protokolls von 1944" hin, das von Deutschland in den Grenzen von 1937 ausgehe. Die CDU schickt zum Treffen von Deut- schen und Polen in der Evangelischen Akademie Loccum, das der "Verständigung" dienen soll, den Hetzer Hupka - Argument: "Der Hupka versteht was davon." Nachher wird die polnische Absage als "beispiellose Einmischung" verurteilt, wohlgemerkt, die polnische Absage. Gegen die CSSR tritt der bundesdeutsche Nationalismus gleich von zwei Seiten an, von Westdeutschland und Österreich. Die ach so unschuldige Heimatpflege vor 100.000 Deutschen und Österreichern, pardon, Sudetendeutschen, von denen vielleicht drei bis vier unbedingt wieder an die Stätte ihrer Wiege zurück- wollen, beklagt, daß die anwesenden Trachtenfiguren "400 Jahre dem Österreichischen Reich angehört haben" (Kirchschläger), wäh- rend die westdeutsche Seite den Schmerz gleich ohne Umschweife in Rechtsansprüchen ausdrückt: "Wer unser (?) Recht verletzt, diskriminiert unsere Volksgruppe und damit (aha!) das ganze deutsche Volk." (Neubauer, CDU) Dieser Staatssekretär für deutsche Völkerverständigung ("Bereit- schaft zur Zusammenarbeit mit dem tschechischen Volk zu erneuern und zu bekräftigen") macht dem tschechischen Staat ein geradezu liebes Angebot, indem er die Begriffe "Versöhnung" und "ge- schichtliche Wahrheit" genial verknüpft: "Ziel dieser Zusammenarbeit müsse sein, auf der Grundlage der ge- schichtlichen Wahrheit und der von den Sudetendeutschen längst bekundeten Bereitschaft zur Versöhnung eines freien Europa im Geiste der Partnerschaft aufzubauen. Aber, so Neubauer: 'Wer sich von den an unserer Volksgruppe begangenen Verbrechen nicht di- stanziert und nicht bereit ist, dieses Unrecht wiedergutzuma- chen', könne für die Sudetendeutschen in der Zukunft kein Partner sein." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. Mai 1983). Selbstverständlich wird die Reaktion der CSSR auf dieses Partner- schaftstreffen wieder als unziemliche Einmischung zurückgewiesen. Damit die Sowjetunion und ihre Satelliten auch wissen, was sie alles noch zu sühnen haben, bevor sie reuig abtreten, veröffent- licht Zimmermann eine Dokumentation über die Kriegsverbrechen an der deutschen Bevölkerung im Osten. Dieses Papier, das aus den 70er Jahren stammt und damals von den Sozialliberalen zurückgezo- gen wurde, wird von den Männern der Wende heute als förderlich für die Ostpolitik angesehen, wohl weil die "Wahrheit" nie ein Fehler sein kann! Gegenüber der DDR wird die Rentnerlüge mit geradezu gekonnter Di- plomatie - Politik ist die Kunst des Möglichen - in Anschlag ge- bracht. Was sonst als statistische Wahrscheinlichkeit gilt, daß unter Millionen grenzüberschreitenden Besuchern soundsoviel ein- fach sterben, ist in der DDR Ausfluß des unmenschlichen Systems und seiner Schikanen, also "Mord". Selbstverständlich informiert sich die Bundesregierung an Ort und Stelle ihres zweiten Teil- staates. Ein Gebilde hat zu kuschen wie 'wir' wollen. Kanzler Kohl heuchelt "Unverständnis", als Honecker seinen Besuch absagt, und begrüßt seine und anderer Hetze mit der frechen Arroganz, daß der Honecker doch wissen müsse, daß hier Meinungsfreiheit herrscht; freie Meinungsfreiheit sogar, was ja die Beurteilung der Herztoten beweist. Nachher freut sich das Lager der Wende darüber, daß man gegenüber der DDR einen Zahn zulegen kann, ohne daß dies die nützlichen Beziehungen "vereist". Die DDR beschwört den Frieden ----------------------------- Während die BRD die neue scharfe Gangart in der Deutschlandpoli- tik in die West-Ost-Offensive einordnet und sie auf diese Art vorwärtsbringt - weshalb der Vorwurf des "Revanchismus" gar nicht die Wucht des Friedensgebots trifft, das BRD und NATO dem Osten aufmachen, ja geradezu eine Verharmlosung des westdeutschen poli- tischen Anspruchs darstellt -, bemüht sich die DDR bei aller Kri- tik über die "Scharfmacher", "Revanchisten" und "Kalten Krieger" in Westdeutschland, den status quo von gestern beizubehalten: Einhaltung der Verträge; "pfleglicher Umgang" mit den deutsch- deutschen Beziehungen; Entwicklung und Fortentwicklung "normaler Beziehungen ". Wo ihr die Bundesrepublik ein ums andere Mal die staatliche Anormalität bescheinigt und ihr eine (un)diplomatische Frechheit nach der anderen vorsetzt, bietet sich die DDR als "berechenbarer" Partner an, an dem die weitere Verbesserung der Beziehungen nicht scheitern soll. "Unsere Politik ist es (nämlich berechenbar). Die DDR ist trotz der unerfreulichen Ereignisse, was Bundeskanzler Kohl mitgeteilt wurde, an der Entwicklung normaler Beziehungen zwischen der DDR und der BRD weiterhin interessiert." (Neues Deutschland, 3. Mai 1983) Honecker versieht die Absage seines Besuchs gleich mit dem Zu- satz: "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben." - was westdeutsche Kreise mit Genugtuung erfüllt. Die DDR wirbt weiter mit der wirt- schaftlichen Nützlichkeit, vor allem aber mit der besonderen friedensfördernden Rolle, die den beiden deutschen Staaten an der Nahtstelle Europas zukäme in diesen gespannten Zeiten, für die Fortsetzung dessen, was man im deutsch-deutschen Verhältnis so Normalität nennt: "daß es gegenwärtig nichts wichtigeres gibt, als die Sicherung des Friedens und daß die beiden deutschen Staaten hier in einer besonderen Verantwortung stehen, die ihnen niemand abnehmen kann. ... Auf der Basis der abgeschlossenen Verträge wollen und werden wir entsprechend den Prinzipien der friedlichen Koexistenz für die Sicherung des Friedens in Europa und für die Entwicklung von guten Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten wirken. Das liegt im Interesse der Menschen in der DDR und in der BRD. Es ist zugleich ein wichtiger Beitrag zum Wohle aller Völker, die keine Konfrontation wollen, schon gar nicht hier, an der Trennungslinie zwischen dem Warschauer Pakt und der NATO." (ebenda) Während die Bundesrepublik ihr Programm der Wiedervereinigung in die NATO-Option gegen den Ostblock fördernd einbringt, möchte die DDR die Deutsche Frage, also das Verhältnis der beiden Staaten zueinander, aus der - vom Westen verursachten - gespannten Welt- lage ausnehmen. Ein geradezu harmloses nationales Interesse mit dem ehrlichen Wunsch nach Frieden im Vergleich zu der "europäischen Friedenspolitik" der westdeutschen Herrschaft, wie sie der Spezialminister für deutsche Einheit, Windelen, jüngst treffend formulierte: "1. 'Kein dauerhaftes Europa auf der Basis eines geteilten Vol- kes' 2. 'Solange es die beiden deutschen Staaten gebe, werde die Bundesregierung diesen Vertragsauftrag zu erfüllen suchen.' 3. ''Weg mit einer Politik gegen den Willen der Menschen', weg mit einer Politik, die Feindschaft und Trennung verordne.'" (Der Tagespiegel, Berlin, 4. Juni 1983) Auch das möchte Friedenssehnsucht sein! *** Die Bourgeoisie läßt Zahlen sprechen ------------------------------------ Da hat man als demokratisch aufgebrachter Mensch immer gemeint, die runden 6 Mio. Juden, die die Nazis ins Gas geschickt haben, seien die verabscheuungswürdigste Großzahl in Sachen politischer Leichenproduktion, zu der es die Weltgeschichte gebracht hat, und muß nun feststellen, daß Hitler und die Seinen Stümper waren, verglichen mit folgender Mord-Statistik, die die Leichenzähler der französischen Zeitung "Le Figaro" addiert und mittlerweile fast alle Publikationen der Unionsparteien samt den ringchristli- chen Studentendemokraten in der BRD und Westberlin publiziert ha- ben: Völkermord im Schatten "friedlicher Koexistenz" Menschenopfer des Kommunismus in der UdSSR (1917-1959) 66 700 000 Menschenopfer in der UdSSR (1959-1978, Mindestschätzung) 3 000 000 Menschenopfer des Kommunismus in China 63 784 000 Blutbad von Katyn 10 000 Während der Vertreibung von 1945/46 getötete Deutsche 2 923 700 Kambodscha von April 1975 bis April 1978 2 500 000 Opfer der Unterdrückung in Prag, Budapest, Ost-Berlin und allen Ländern des Baltikums 500 000 Kommunistische Angriffe auf Griechenland. Vietnam, Korea, Kuba, Birma, Philippinen, Malaische Halbinsel, Schwarzafrika und Lateinamerika. 3 500 000 Opfer des Kommunismus insgesamt 142 917 700 67,7 Mio. Sowjetmenschen insgesamt, da müssen schon die Welt- kriegstoten mitgezählt worden sein, gemäß der Logik, daß, wenn in Rußland kein Bolschewismus, die Nazis auch keinen Anlaß gehabt hätten, es anzugreifen. 63,8 Mio. in China - das ist noch einmal glimpflich abgelaufen, dank der Überlebendenziffern, die in der Bevölkerungszahl von Taiwan auftauchen, und des Freiheitsrabatts, der dem neuen Kurs der VR China zusteht, für ihre Einbringung von mittlerweile einer knappen Milliarde Chinesen in die Anti-Sowjet- Front. Bei den 2,5 Mio. massakrierten Khmer in Kambodscha hat man wohl die Strecke des mittlerweile zum vom Westen legitimierten "rechtmäßigen" Pol-Pot-Regimes mit den toten Vietnamesen in einen Topf geworfen, die die Freiheit in Kampuchea von Thailands Gren- zen aus täglich produziert. Wie die Toten beim "kommunistischen Angriff" auf K u b a zustandegekommen sein sollen, wäre eine Kleinlichkeit, nachzurechnen. Auch sie tragen zur stattlichen Endziffer von 143 Mio. Entseelten bei, die die "friedliche Koexi- stenz" den W e s t e n gekostet haben soll. Eine Gegenstatistik der Opfer durch's Wirken der Bourgeoisie seit dem 14. Juli 1789 wäre allein schon deshalb abwegig, weil es sich hierbei samt und sonders um "unvermeidliche" Spesen für "Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" handelt und die Tag für Tag verhungemden Skelette in der "Dritten Welt" nicht einer imperialistischen Weltwirt- schaftsordnung zum Opfer fallen, sondern ihrer "Unterent- wicklung", in der sie ein unergründlicher Ratschluß der Weltgeschichte gefangen hält. So kann man sich auch eine - mit den diesbezüglichen Resultaten des III. Weltkriegs bereinigte - Statistik in der ersten Nachkriegsausgabe des "Figaro" vorstel- len: Dem Versuch, die Existenz des Kommunismus zu beseitigen, wird dann die halbe Menschheit zum Opfer gefallen sein, was na- türlich auf sein Konto geht, weil er die andere zur "Sicherung des Friedens" gezwungen hat... zurück