Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK BERLIN - Sumpfblüte des Imperialismus


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NACHTRÄGE ZU REAGANS STAATSBESUCH IN WESTBERLIN:

1. Ein Sportsfreund an der Mauer -------------------------------- Der US-Präsident mit seiner Nancy in West-Berlin: Der Personen- kult um das saubere Pärchen war bestens organisiert: Ein paar Tausendschaften ausgesuchter Jubelberliner durften Reagan freudig zukreischen, als er die ersatzlose Beseitigung der Grenze zwi- schen dem westlichen Reich der Freiheit und dem anderen deutschen Staat forderte. Bei der Aussicht, die DDR an den Bonner Staat an- zugliedern, schlagen deutsche Nationalistenherzen allemal höher - wer fragt schon, was er davon hat! Gleichzeitig waren ein paar Tausendschaften Polizei damit beschäftigt, Protest und Randale im Stadtteil Kreuzberg und in ein paar Winkeln des Kudamm einzusper- ren und nach allen Rebeln polizeilicher Wasserwerferkunst fer- tigzumachen. So konnte die allgemeine "Volksfeststimmung" (so die westliche Einheitspresse) gar nicht ausbleiben. Zum Abschluß gab's von Reagans eine dicke Geburtstagstorte für 750 Jahre Ber- lin, 1000 bunte Luftballons und ein nettes Angebot. Die Mauer soll fallen, weil die NATO sich mit ihrem Drang zur Weltherr- schaft nicht beschränken lassen will, weder in Berlin noch an- derswo: Das war die unmißverständliche B o t s c h a f t. Die Mauer soll schon mal ein bißchen fallen, damit die boys und girls aus aller Welt in ganz Berlin für Olympia hopsen und kraftmeiern können: Das war das E i n w i c k e l p a p i e r für diese Botschaft. "Der Sport stellt eine Quelle der Freude und Weiterentwicklung dar.... Warum können nicht internationale sportliche Wettbewerbe verschiedenster Art in beiden Teilen dieser Stadt abgehalten wer- den? Und wie könnte man besser die Offenheit dieser Stadt doku- mentieren als durch das Angebot, in naher Zukunft die Olympischen Spiele hier in Berlin, im Osten und im Westen, abzuhalten." (Reagan an der Mauer) Seitdem haben sogar die regierenden Gesinnungsgenossen von Reagan und den anderen NATO-Fürsten in Südkorea eine etwas schlechtere Presse, wenn sie i h r e n Protest zusammenknüppeln lassen. Denn wenn Olympia in Seoul platzt: Könnte Reagans schöner Vor- schlag dann nicht womöglich schon übers Jahr in Erfüllung gehen?! Damit wäre Deutschland zwar noch nicht wieder so groß wie zuletzt unter Hitler. Aber 3 Wochen weltweites Sportfest bloß für den Be- weis, daß die BRD ein R e c h t hat, wieder so groß zu w e r d e n - da hätte Leistungssport, dieses (wie man immer hört) "unpolitische Vergnügen", doch mal wieder einen guten impe- rialistischen Sinn. (Nur dürfen die DDR-ler dann nicht wieder alle Medaillen abstauben...) 2. Ein Plädoyer für ungestörte freiheitliche Politikeranbetung -------------------------------------------------------------- Insgesamt war die Jubelveranstaltung in Berlin im Endeffekt doch eine so peinliche Angelegenheit, daß Meister Kremp von der "Bild am Sonntag" sich für den 21. Juni folgenden interessanten Kommen- tar hat einfallen lassen: "In Berlin muß der amerikanische Präsident unter den Schutz einer Aussperrung gestellt werden, wenn er an der Mauer einige Sätze über die Freiheit spricht. Der Papst fährt in einem Glaspanzer durch das Spalier der Gläubigen. Die Führer der Staaten und der Kirchen können sich nicht frei bewegen. Ist das nicht beschämend, wenn man daran denkt, daß ein Hitler im offenen Wagen durch die Straßen fuhr, daß heute Gorbatschow in Bukarest und Prag das Freibad in der Masse nimmt? Etwas stimmt nicht mit dieser Welt, die sich frei nennt und allen Menschen gut sein will. Aber wer fragt nach den tieferen Grün- den?" So tief sind die Gründe gar nicht. Der Kommentar selbst spricht sie aus. Er nimmt nämlich bedingungslos Partei für den Personen- kult, den demokratische Politiker genauso wie ein propagandagei- ler Papst über alles lieben. Er blamiert die ganze "westliche Freiheit" glatt daran, wie vorbildlich zivil und locker die schlimmsten Anti-Demokratien ihren Personenkult hinkriegen wür- den. Ein lustiger Agitationstrick der BamS: mit einem K o m p l i m e n t die alte antikommunistische Lüge von der Gleichheit von Sozialismus und Nationalsozialismus zu belegen. Vor allem kommt aber der Anspruch dabei heraus, die Demokratie hätte es diesen Systemen mit ihren KZs und Gulags mindestens gleichzutun in Sachen Kult um die regierenden Figuren und die Ausschaltung jeder Opposition. So wird die Peinlichkeit des Rea- gan-Auftritts in Berlin noch ausgenutzt für die Forderung nach einer immer noch gelungeneren Gleichschaltung des ganzen Volkes. "Die Freiheit" blamiert sich, wenn einer aus der Reihe tanzt: Diese Klarstellung sollte man sich merken. zurück