Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK BERLIN - Sumpfblüte des Imperialismus
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Krawall in Berlin:
Rock'n Roll Back die Mauer
KRAWALL AN DER MAUER
Der Berliner Senat, der ansonsten zur 750-Jahrfeier mit Prominen-
ten seinen Kaviar zu gedämpften Cello- und Bratschenklängen ver-
putzt, kauft für teures Geld die lautesten Pop-Affen der Welt
ein. Stationierungsort: vor dem Brandenburger Tor, ausstaffiert
mit Superlautsprechern Richtung Ost-Berlin.
Die erhoffte Wirkung tritt ein: 3000 Jugendliche in Berlin Ost
drängeln sich zur Schallquelle und fühlen sich beim Genuß der
Dröhnung durch Mauer und Polizei gestört. Westliche Kameras sind
vorsorglich in Stellung gegangen und surren los, als Sprechchöre
kommen: "Die Mauer muß weg!" und "Wir wollen Gorbatschow!" Es
kommt zu Rangeleien.
FAZ und BILD, die Sprachrohre der unterdrückten Rocker, Punker
und Chaoten aller Länder übersetzen die Parolen, damit sie jeder
richtig versteht:
"Die Menschen rufen Gorbatschow und meinen mehr Freiheit - wenig-
stens ein bißchen mehr." (Bild, 10.6.87)
Das ist es also, was die Jungs drüben eigentlich wollten: einen
Rockfan Kohl im Regierungssessel und die Befreiung vom unmusi-
kalischen Erich. So soll man sich die Sache denken, weil sie so
im NATO-Konzept vorgesehen ist, nur in noch größerem Stil: Die
Befreiung Europas, ja der Welt vom Osten - im Namen der Mensch-
heit!
Die darf sich dafür blöd stellen und der freien Presse gefälligst
zwei neue Merkregeln entnehmen:
Merkregel 1: Wer demonstriert, hat recht!
Das gilt natürlich nur für Demonstranten drüben, die gegen
i h r e n Staat meckern. 500 Meter weiter westlich, in Kreuz-
berg, hört der Spaß auf. Wer hier demonstriert, hat schon deswe-
gen unrecht. Denn sein Staat ist gut und er also ein Chaot. Das
hat der Senat beschlossen.
Merkregel 2: Verprügelte Demonstranten sind arme Opfer der Poli-
zei!
Natürlich nur auf der Ostseite des Brandenburger Tores, wo das
menschenverachtende Regime mit völlig veralteter Technik (nicht
mal Wasserwerfer!) für Ordnung sorgt. 500 Meter weiter westlich,
in Kreuzberg, beweist jeder eingeschlagene Demonstrantenschädel,
wie sehr die Polizei das Opfer demonstrierender Chaoten geworden
ist.
Jetzt weiß also endlich jeder Mitvierziger und Opernfreund, der
David Boing weder kennt, noch weiß wie er sich schreibt, warum
"wir" Frieden schaffen müssen mit immer mehr Waffen: Für die Be-
freiung Europas vom Rock'n Roll-Verbot eines unmusikalischen Ost-
Regimes.
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