Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK ANSCHLUSS - Die Eroberung der DDR
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Die erneuerte PDS verbündet sich mit versprengten West-Linken, um
in der gesamtdeutschen Anschlußwahl die 5%-Klausel zu übersprin-
gen, zwei ungleiche Partner, ein Ziel:
FÜR EINE LINKE OPPOSITION IN DEUTSCHLAND
Hoffnungsträger PDS: Die bekehrte Staatspartei des
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sozialistischen Deutschland sucht eine Rolle im
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gesamtdeutschen Kapitalismus.
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Die PDS bietet das bisher einzigartige Beispiel einer sozialisti-
schen Staatspartei, die sich eine Weiterexistenz vornimmt, nach-
dem ihr Daseinszweck dahin ist: Diese Staatspartei hatte einen
Staat aufgebaut und organisiert, sie hatte die Treue zu diesem
Staat organisiert und die Millionen Opportunisten innerhalb und
außerhalb der Partei unter Kontrolle gehalten; ihr Antikapitalis-
mus war ein fertiger Staat, Kritik am Kapitalismus daher über-
flüssig, Opposition im Sozialismus aber verpönt bis verboten. Das
alles ist gegen ihren Willen über den Jordan gegangen. Das von
ihr aufgezogene Gesellschafts"modell" wird vom expandierenden
deutschen Kapitalismus geschluckt und gegenreformiert. Nach eini-
gem Hin und Her hat die Partei beschlossen, sich trotz alledem
nicht aufzulösen. Die Verantwortungsträger der alten DDR wollten
die "Verantwortung für unsere Menschen" auch dann nicht aufgeben,
als sie keine Macht mehr hatten, ihrer Verantwortung nachzukom-
men. Seitdem ist die Partei auf der Suche nach einem neuen poli-
tischen Weiß-Warum in und unter den neuen Umständen, bzw. nach
einem neuen Recht ihrer Wortmeldung - was ihr beides ganz zu Un-
recht als das Gleiche gilt.
Die Erneuerung der Partei
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ist Hauptthema des Parteilebens und besteht eigentlich nur in ei-
ner Abgrenzung gegen ihre frühere Rolle, im Schuldeingeständnis
und in der Entschuldigung beim von ihr regierten Volk der DDR,
das nun die DM will, von dessen Wünschen sich die Partei also of-
fensichtlich entfernt hatte. Sie bejaht ihren Machtverlust als
verdient, anerkennt den Umsturz ihres "sozialistischen Experi-
ments" als notwendiges Scheitern und will nun, durch Reue und
guten Vorsatz wieder Vertrauen verdienen. Den Parteimitgliedern
selber fällt das Eingeständnis, alles falsch gemacht zu haben,
aber gar nicht so leicht, weil sie in ihrer Verantwortung für die
Menschen eigentlich immer nur deren Bestes gewollt hatten und nun
auf einmal zugeben sollen, lauter Übles begangen zu haben. Fas-
sungslos stehen sie vor dem Rätsel, wie ihre guten Absichten sich
in das Gegenteil verkehrt haben sollen, und wollen überhaupt
nicht kapieren, daß das Gute, was sie wollten, mit dem Schlech-
ten, was sie jetzt auf einmal bekennen sollen, schon auch ein
bißchen etwas zu tun gehabt haben muß. "Machtstrukturen", das
allgemeine "Von oben nach unten", das "Fehlen von Demokratie"
kurz: S t a l i n i s m u s soll für die rätselhafte Verkehrung
des Guten zum Schlechten verantwortlich sein und so die gute so-
ziale und fürsorgerische Absicht auch wieder reinwaschen und un-
beschädigt erhalten. Die Macht selber, mit der sie ihr Programm
in der Gesellschaft durchsetzten, war der Fehler, nicht das Pro-
gramm . "Macht verdirbt den Charakter!", diesen Allerweltsspruch
wissen sie jetzt als die mit den Anliegen einer sozialistischen
Partei unverträgliche Sünde. Ihre jetzige Machtlosigkeit ist
nicht nur die gerechte Strafe, sondern ein heilsamer und eigent-
lich natürlicher Zustand. Als ohnmächtige sind sozialistische
Ideen nur noch gut und müssen auch in der gesamtdeutschen Demo-
kratie ein Recht haben. Das ist auch schon das ganze neue Pro-
gramm der Partei.
"Wir wenden uns dagegen, daß mit der berechtigten Anklage der
Menschenrechtsverletzungen, die im Namen des "Sozialismus" began-
gen wurden, gleichzeitig alle sozialistischen Ideen und das Nach-
denken über eine grundlegende gesellschaftliche Emanzipation für
erledigt erklärt werden und im kommenden Deutschland von der DDR
nichts bleiben soll." (III)
Rückbesinnung auf antikapitalistische Ursprünge
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Ganz einfach fällt die Umstellung allerdings nicht.
"Wir benehmen uns teilweise noch, als ob wir für das Funktionie-
ren des Staates verantwortlich sind. Das hat etwas mit unserer
Herkunft zu tun. Hier ist jedoch mehr Oppositionsdenken erforder-
lich, insbesondere im künftigen einigen Deutschland." (II)
Genossen, das ist jetzt nicht mehr unser Staat! Wir dürfen und
müssen jetzt wieder dagegen sein und kritisieren - und zwar aus
Treue zu unserer antikapitalistischen DDR, von der nichts bleiben
soll. Was bleibt, auch ohne sozialistischen Staat, ist die anti-
kapitalistische Einstellung:
"Die PDS steht in fundamentaler Kritik zum Kapitalismus. ... Das
Kapital regiert eben und das stärkste Kapital regiert am stärk-
sten. Es ist so einfach, wie wir es einmal gelernt haben. Wir
wollten es bloß inzwischen nicht mehr wahrhaben..." (II)
Das Kapital, das regiert und alle Interessen in der Gesellschaft
sich unterordnet, verdient fundamentale Kritik, und zwar deswe-
gen, weil die Partei, die es mal abgeschafft hat, sich das schul-
dig ist. In diesem Sinne besinnt sich die PDS auf Gründe gegen
die kapitalistische Produktionsweise - und beweist, daß sie
nichts dazu gelernt hat gegenüber ihrem alten Verdikt, daß der
Kapitalismus, so als wäre er die schlechtere Staatspartei, "an
den Problemen der Gesellschaft scheitert":
"Da dem Kapitalismus stets Krisenpotentiale und menschenbedro-
hende Gefahren immanent sind (z.B. Nichtlösung der globalen Pro-
bleme), muß die PDS die demokratische, ökologische, soziale und
humanistische Lösung aller gesellschaftlichen Probleme in ihrer
Komplexität und Widersprüchlichkeit anmahnen, was jederzeit im-
pliziert, dabei Vorstellungen über Gesellschaftsstrukturen zu
entwickeln, die über den Kapitalismus hinausreichen." (I)
Daß Ausbeutung vielleicht auch dann zu verwerfen ist, wenn sie
nicht an Problemen scheitert und in Krisen untergeht; daß Ar-
beitslosigkeit andererseits für das Kapital kein Problem ist und
auch keine Lösung verlangt; daß drittens Umweltverschmutzung und
Gesundheitsschäden von kapitalistischen Staaten selbst so weit im
Rahmen gehalten werden, daß sie weitergehen können, - das alles
ist ganz gleichgültig für politische Idealisten, die den Kapita-
lismus erst ganz konstruktiv für ein soziales Staatsprogramm hal-
ten, um ihn dann als ein schlecht funktionierendes Sozialwerk zu
entlarven. Sind Sozialisten die Doktoren der Gebrechen des Kapi-
talismus oder die fundamentalen Kritiker seiner Zielsetzungen?
Die Staatssozialisten des Ostens haben beides auch in besseren
Tagen nie unterscheiden können.
Die Rückbesinnung auf ihre fundamental systemkritischen Anfänge
fällt aber zugleich sehr kleinlaut aus: Schließlich ist der So-
zialismus ja auch, und in den Augen der PDS zurecht
g e s c h e i t e r t, weil auch er "die Probleme der Gesell-
schaft nicht lösen konnte". Er konnte dies nicht, will man jetzt
wissen, weil der Sozialismus zu wenig Kapitalismus gewesen ist,
weil Ulbricht und Honecker das Kapital mitsamt seinen Verkehrs-
formen - Markt, Konkurrenz, Recht und Demokratie - allzusehr ab-
geschafft hatten. Ein Fehler war es also, die antikapitalistische
Einstellung bis zur praktischen Absage an diese interessante Pro-
duktionsweise zu übertreiben. Trotzdem:
"Ebenso kann die Konstatierung des Scheiterns des 'Realsozialis-
mus' in der DDR und die Tatsache, daß sich der 'Realkapitalismus'
der BRD als effizienter und produktiver sowie als Gewinner des
Kalten Krieges erwiesen hat, nicht automatisch das Verschweigen
von historischen Fehlentwicklungen und Gebrechen der BRD
bedeuten..." (I)
Die Zukunftsgewißheit der alten Sozialisten ist dahin, ebenso die
Sicherheit, das überlegene Konzept zu vertreten; mehr als ein
bißchen gutgemeinten Korrekturwillen am zweifellos überlegenen
westdeutschen "Modell" trauen sie sich gar nicht zu.
Ohne den revolutionären Umsturzwillen, ohne die moralische Ver-
dammung der parasitären und faulenden Kapitalistenklasse, ohne
die Absicht, die sozialen Ziele g e g e n w e n o d e r w a s
durchzusetzen, erweist sich das Erbe der Staatssozialisten als
biederster Verbesserungswille. Und so wird ein Eiertanz aufge-
führt, der fundamentale Ablehnung und konstruktive Verbesserung
des Kapitalismus so lange durchmischen soll, bis keiner ein Dage-
gen mehr von einem Dafür unterscheiden kann:
"Wir sagen nicht, da wir mit einer Reform den Kapitalismus im
Prinzip nicht verändern, lehnen wir sie ab. Diese Art von Sektie-
rertum halten wir für inhuman. Aber unsere Reformvorschläge wer-
den in dieser Richtung radikaler sein als sozialdemokratische."
(II)
Natürlich lösen Reformen letztlich keine Probleme, aber das wis-
sen wir selbst, und deshalb brauchen wir es uns von niemandem
vorhalten lassen!
"Dabei befindet sich die Partei in einem Spannungsfeld zwischen
der notwendigen Gestaltung der kapitalistischen Gesellschaft und
dem Wirken für eine bessere, solidarischere, humanistische und
ökologische Gesellschaft. Ihr Ansatz muß in jedem Fall antikapi-
talistisch sein." (I)
Man ist für Reformen und dementiert, daß sie es bringen, man ist
für grundsätzliche Veränderung und dementiert, daß sie etwas um-
wälzen würde. Der Widerspruch wird nie aufgelöst, die Partei be-
kennt sich einfach zu ihrem absurden Anliegen: Sozialismus und
Kapitalismus sind beide g r u n d s ä t z l i c h v e r b e s-
s e r u n g s b e d ü r f t i g und w e c h s e l s e i t i g
z u e r g ä n z e n. Die PDS tritt ein für den effizienten Zwang
der Konkurrenz, aber gegen ihre Opfer, für ertragssteigernde
Kostensenkung, aber gegen L o h n kostensenkung, Arbeitslosig-
keit und Billiglöhne, sie bejaht den Profit und ist gegen
"unangefochten herrschende Profitmechanismen", man will sie
anfechten, aber dabei nicht die bewunderte Dynamik der
kapitalistischen Akkumulation mit a n f e c h t e n. Ob so ein
Unsinn irgendwie zusammengehen kann, ist einer Partei völlig
gleichgültig, die mit dem Wunsch antritt, in den Staat, der ihre
alte Heimat kapitalistisch liquidiert, etwas Antikapitalistisches
mit einzubringen.
Sie wollen gelernt haben, daß ihr Projekt einer DDR durch die
feindliche Entgegensetzung ihres Sozialismus gegen den deutschen
Kapitalismus ineffizient, undemokratisch, unattraktiv und
schließlich kaputt gemacht worden ist. Kritisch werden sie nun,
weil sich das siegreiche System ebenso feindlich, nämlich ausrot-
tend über ihren gutgemeinten Versuch hinwegsetzt. Ihr Sozialismus
hätte die Korrektur durch Rentabilität, Konkurrenz, Markt und
parlamentarische Demokratie gebraucht. Aber auch die BRD bräuchte
die soziale Sensibilität der DDR. Noch nachträglich bescheinigen
sie der einst eigenständigen und abgetrennten sozialistischen
deutschen Nation einen gesamtdeutschen Auftrag und fürchten,
"daß der Kapitalismus in Deutschland in Zukunft sehr unangenehme
Züge bekommen kann. Die Zeit ist vorbei, in der es das Korrektiv
DDR gab." (II)
Den Ausfall dieses Korrektivs muß, schon um der sozialen Züge des
bisherigen Kapitalismus willen, nun die PDS im deutschen Parla-
ment ersetzen. Hans Modrow kandidiert für "Ein Deutschland - bes-
ser als DDR und BRD!"; "werfen wir das Beste aus BRD und DDR zu-
sammen!" - dieser Wunsch ist das ganze Geheimnis des Schlagworts
vom "3. Weg".
Opposition als Zweck
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Die Partei grenzt sich klar ab gegenüber dem Mißverständnis, sie
wolle in Bonn Macht erwerben, um die übergangenen "Belange vieler
Menschen" durchzudrücken, nein, ihre Politik dient und entspringt
keinem politischen Interesse, sondern dem Wunsch, aus ihrer Treue
zur verflossenen DDR eine politische Qualifikation für das neue
antikommunistische Großdeutschland zu machen und eine eigene
Rolle darin zu finden. Die alte Systemfeindschaft ist zur
k r i t i s c h e n D i s t a n z zurückgenommen: Man muß ja
nicht gleich dafür sein! Auch in der BRD ist nicht alles Gold,
was glänzt, und in der DDR war auch nicht alles falsch. Ihr Dage-
gen-Sein, ohne die Absicht das Kritisierte zu unterbinden, ihre
Distanz a l s B e i t r a g geht voll auf in den kindlichen
Bildern, welche die Sozialkundefibeln zeichnen:
"Die LINKE LISTE/PDS will im Bundestag und in der Gesellschaft
Opposition sein. Gerade das kommende Deutschland braucht eine
starke, linke Opposition, die in ihrer Aufgabe mehr sieht als
einen Wartestand auf die Regierung. Ohne Opposition innerhalb und
außerhalb der Parlamente wird es keine lebendige Demokratie ge-
ben. Ohne eine starke Opposition verkümmert die geistige Vielfalt
und werden die Belange vieler Menschen nicht zum Gegenstand stän-
diger Auseinandersetzung. Ohne eine starke Opposition bleiben die
Interessen der Menschen, die den Anschluß der DDR nicht so ge-
wollt haben, ohnmächtig und ungehört. Eine linke Opposition muß
den Mut zum unbequemen Nein haben - wo das bequeme Ja zum Schaden
wird. Opposition, das sind Alternativen. Ohne Alternativen bleibt
jede Politik in eingefahrenen Bahnen. Bis heute hat Deutschland -
haben DDR und BRD - nicht an einem Zuviel, sondern an einem Zuwe-
nig an Opposition gelitten." (III)
W o z u möchte diese Partei Nein sagen? Welche Alternative zu
w a s möchte sie durchdrücken? Belanglose Fragen. Die Partei
leitet ihren Daseinszweek nicht aus einem geschädigten Anliegen
ab, sondern aus einem vornehm-überparteilichen Idealbild von der
Rolle der Opposition in der wahren Demokratie: Demokratie sei ein
ewiges Ringen um die beste Lösung, Aufgabe der Oppositionellen
sei es, Alternativen zu ersinnen, damit die Politik nicht blind
in den ausgetretenen Bahnen an den besten Lösungen vorbeigeht.
Gemäß ihrer jämmerlichen Selbstkritik glaubt die PDS jetzt daran,
daß Macht träge macht, selbstgerecht und blind für Alternativen,
die genausogut und besser ergriffen werden könnten. Daß es in der
bürgerlichen Politik um die Unterordnung der Gesellschaft unter
ein vorherrschendes Interesse geht, daß andere Interessen deshalb
unterbunden werden - und keineswegs genauso mögliche Alternativen
darstellen , das ist ihnen in ihrer angestrengten Suche nach ei-
ner Aufgabe für Antikapitalisten im neuen Deutschland ebenso un-
bekannt wie unwichtig.
Das letzte, was die PDS sein will, ist eine K l a s s e n-
p a r t e i. Sie vertritt kein materielles Interesse, sondern ein
Sinnproblem, das ehemals loyale Bürger der DDR heimsucht, seit
dieser Staat als ein einziger Fehler definiert und abgeschafft
worden ist: den Glauben und die Hoffnung, dennoch nicht einer
ganz und gar b l o ß verkehrten Sache angehangen zu haben.
Diesen Wunsch nach einem Sinn im Leben, auch neulich noch in der
DDR, will die PDS im neuen Deutschland eine Vertretung
verschaffen - ein schönes Angebot für Leute, die es gewohnt sind,
immer irgendwo vertreten und berücksichtigt worden zu sein. Mit
diesem Angebot könnte man zwar niemals eine Partei aufbauen. Aber
das ist ja nicht das Problem der PDS, ihr Problem liegt umge-
kehrt: Bei ihr gibt sich nicht ein politischer Wille seine Orga-
nisation, damit er wirksam wird. Bei ihr hat eine neue Parteifüh-
rung die nach Millionen zählende enttäuschte Treue von Wählern
und Aktivisten zum SED-Staat g e e r b t und kämpft um eine
Heimat dafür inmitten der bürgerlichen deutschen Demokratie.
Dieses Oppositionsprogramm hat tatsächlich mit Regierung im
Wartestand nichts zu schaffen. Für so ein Gesuch um
Minderheitenrechte für die demoralisierten Überbleibsel der
Sachsenrepublik stellt wirklich niemand die Machtfrage noch nicht
einmal höflich im Parlament.
Überparteiliche Fundamentalopposition: Für alles Gute, gegen al-
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les Schlechte - der Warenhauskatalog aller übergangenen Anliegen
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Inhalt und Programmnpunkte bekommt diese aus der Methode und aus
dem bescheiden gewordenen aber gekränkten Nationalstolz von DDR-
Sozialisten geborene Opposition auf die denkbar leichteste Art:
Sie übernimmt einfach die gesamte Liste der Beschwerden und An-
liegen, die sie im kapitalistischen Westen bei den Parteien, Ge-
werkschaften, Sozial- und Frauenverbänden fertig vorfindet. Für
Beschäftigung und für die Arbeitslosen, für die Frauen die Behin-
derten, die Kunst und die Umwelt, für Frieden, soziale Sicher-
heit, Bildung, Humanisierung der Arbeit und so weiter und so fort
- für alle Beschädigten des Kapitalismus gegen alle Schäden und
im Namen der Ideale der bürgerlichen Gesellschaft tritt die PDS
ein wie jede andere Partei auch.
Mit keinem ihrer Programmpunkte wäre die PDS im neuen Deutschland
auffällig, alles kann man bei SPD und Grünen, den anderen Par-
teien der zukurzgekommenen Anliegen ebenso finden. Daß sie das-
selbe a l s P D S vertritt, als Erbin des deutschen kommuni-
stischen Staates, und daß sie sich zu diesem Erbe bekennt, ja ihm
sein - begrenztes - Recht verschaffen und etwas von der DDR
e i n b r i n g e n will, das grenzt sie aus. Ob dieses Programm
des bescheidenen Humanismus etwas mit Kommunismus zu tun hat,
brauchen ihre Feinde in der BRD nicht zu wissen, sie i s t
d e r N e o k o m m u n i s m u s, weil sie sich nur bedingt vom
Alten distanziert. Deshalb muß sich Gregor Gysi ja auch bei jedem
seiner Auftritte immerzu vom Honeckerstaat distanzieren - und es
genügt nie, weil er sich gleichzeitig zu dessen besseren Absich-
ten bekennt.
Die PDS grenzt sich von der SPD und den Grünen ab, u m s i c h
z u i h n e n i n s V e r h ä l t n i s d e r k o n-
s t r u k t i v e n E r g ä n z u n g z u s e t z e n. Ihre
allgemeine Ausgrenzung beantwortet sie mit Versuchen der
Eingrenzung: Der SPD macht sie den Vorwurf, ihre guten, kriti-
schen und sozialen Ideale nicht konsequent zu verfolgen, weil sie
"ihren Frieden mit dem Kapital gemacht habe"; sie möchte eine
korrigierende Funktion für die SPD bekommen, mit ihr in den Dia-
log über konsequente und realistische Oppositionspolitik eintre-
ten, denn das wäre das gesuchte Plätzchen für den ehemaligen An-
tikapitalismus im kapitalistischen Großdeutschland. Die SPD ver-
weigert dies, und ihr ganzes Argument heißt: SED!
Die eingliederungsbereite PDS - Prüfstein für Deutschland
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Die geläuterten Realsozialisten aus der DDR tun ihre Buße und
leisten ihre Bringschuld gegenüber dem zweifellos fortgeschrit-
teneren demokratischen System des Westens. Aber wie steht's umge-
kehrt? Die Nation West ist nicht bereit, von der DDR irgendetwas
ins neue Deutschland zu übernehmen; nicht ihre sozialen
Errungenschaften, nicht ihre Kultur und schon gleich nichts von
ihrer sogenannten "Identität". Sie verweigert den Respekt vor dem
kassierten anderen Deutschland. An der Behandlung der DDR, von
der "nichts bleiben soll", liest die PDS den inhumanen Charakter
der neuen Ordnung ab. Der Bekämpfüng ihrer Partei und der
strikten Ablehnung auch nur einer Diskussion über die "Verfassung
des runden Tisches" entnimmt sie den dürftigen Zustand der
demokratischen Kultur in der Bonner Republik. Die Feindschaft,
die ihre Bereitschaft, sich auf den "Anschluß, den viele so nicht
gewollt haben", einzulassen, erfährt, beweist ihr Notwendigkeit
und Recht ihres Korrekturwillens. Das beleidigte National-
bewußtsein des DDR-Bürgers angesichts dieser Respektsverweigerung
ist die ganze Kritik und der ganze Antikapitalismus dieser
Partei. Darin ist sie ein echter Vertreter vieler DDR-Bürger im
neuen Deutschland. Vertreter ihres beleidigten Nationalstolzes.
Der kleinere Partner: Westdeutsche Linke finden ihre Massenbasis
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Die seit Jahrzehnten mit nichts als sich selbst und ihren Chancen
befaßte linke Szene fühlt sich gleich wohl, verstanden und dazu-
gehörig, wo sich eine Partei so konsequent aus einem methodischen
Bedürfnis heraus und so entschlossen fern von jeder Sachfrage -
"positioniert" . Die PDS liefert die DDR-Vokabel und den Schein
einer massenhaften Bewegung, sogar mit echten Arbeitern und Haus-
frauen für ein politisches Treiben, das den Westlinken am Herzen
liegt. Reform, aber kein Versinken in Tageskämpfen , Revolution,
aber keine Isolation von den Bewegungen; ins Parlament als Tri-
büne des Klassenkampfs, aber keine Korrumpierung durch Inte-
griertwerden, außerparlamentarische Opposition, aber nicht ohne
Einwirkungsmöglichkeiten - das und ähnliches sind die Themen, die
sie immer schon bewegt haben. Wenn nun eine regelrechte Massen-
partei mit 300000 Mitgliedern und fast 2 Millionen Wählern am
Mitmachen und Distanzwahren herumproblematisiert, dann können
Westlinke kaum mehr anders, als einen Aufschwung ihrer Positionen
zu wittern und auf den Ausbruch aus ihrem linken Ghetto zu hof-
fen.
Die Linken im auftrumpfenden Großdeutschland sind verdammt be-
scheiden geworden.
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