Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK ALLGEMEIN - Unterwegs in Sachen Frieden


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       Wochenschau
       

MR. KOHL GOES TO WASHINGTON

Nach eigenem Bekunden, um "einen großen Erfolg unserer beharrli- chen Politik für Frieden in Freiheit" direkt im Weißen Haus abzuholen. "Wir", so der Kohl bei der Jungen Union, "und insbesondere ich selbst haben Wort gehalten und die Raketen aufgestellt. Nach den Wahlen, sagten wir, wird Reagan verhandeln. Jetzt, nach den Wah- len, gibt es Verhandlungen..." Nun will der Kanzler mitsamt Genscher "unsere deutsche Position in die anlaufenden Gespräche einbringen." Der Juniorpartner kommt zum Aufsichtsratsvorsitzenden und steckt mit ihm die Marschroute ab. So die Version Kohl. Das US-Nachrichtenmagazin "Time" erwähnt die Kohl-Visite am Schluß einer Story über die Flick-Affäre wie folgt: "Mit dem ganzen Wirbel zuhause kam es nicht überraschend, daß Kohl bei seinen Freunden im Ausland nach etwas Entlastung Aus- schau hielt. Der Kanzler fragte die USA, ob er die Ehre haben könne, der erste europäische Führer zu sein, der Ronald Reagan nach seiner Wiederwahl treffen wird." So sieht man es bei der Weltmacht Nr. 1. Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitten: Natürlich haut der Kanzler aufs Blech, wenn er Reagans neue T a k t i k gegen die Sowjetunion als Gefällig- keit für West Germany verkaufen will. Andererseits empfängt Rea- gan Kohl nicht zufällig als ersten der Partner, sondern weil die BRD der Verbündete an vorderster Front ist. Wenn Vogel für die Opposition hetzt, "die Bundesregierung v e r h a l t e sich w i e ein V a s a l l der USA", so trifft das eine S t i l f r a g e, mit der die katzbuckelnde Beflissenheit des Christdemokraten mit der weltmännischen Arroganz des Ex-Kanzlers blamiert werden soll, obwohl Schmidt mit Reagan haargenau das- selbe ausgetauscht hat wie Helmut mit Ronald. Treffsicher daher unter Figuren gleicher Denk- und Handlungsart Genschers Konter: "Ich bin für das Bündnis mit den USA, damit wir keine Vasallen werden müssen." Das ist die sehr s e l b s t b e w u ß t e und f r e i g e w ä h l t e Gefolgschaft dieses imperialistischen Staatswesens BRD gegen den gemeinsamen Feind im Osten, die je nach politischer Konjunktur die totale Übereinstimmung zur Schau stellt oder Differenzen in Fragen der politischen Moral heuchelt. G e s c h ä f t s p a r t n e r bei der Ausbeutung eines kom- pletten Erdballs leisten sich auch Konkurrenz bei Stahlröhren. W a f f e n h ä n d l e r feilschen auch um Quoten und Märkte. K r i e g s h e r r e n diskutieren im Frieden über die Bestüc- kung der Schlachtfelder. Bündnispartner erkennen an, daß der Stärkste im Bündnis letztinstanzlich das Sagen hat, damit das Bündnis funktioniert. zurück