Quelle: Archiv MG - BRD AUSSENPOLITIK ALLGEMEIN - Unterwegs in Sachen Frieden


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       Staatsbesuche
       

IN BONN ANGETRETEN

Wenn die Herren mit den bunten Gewändern dem Kanzler und seinem Genscher ihre Aufwartung machen, dann werden nicht nur Artigkei- ten ausgetauscht: Für die BRD und im Namen aller ihrer Bürger wird über Art und Inhalt der Beziehungen zum Rest des Globus ent- schieden. Uneingeschränkte Freude und Herzlichkeit herrschte bei den Besuchen der Staatschefs aus Sambia, Burundi, Fidschi und Ni- geria in Bonn. In den Zeitungen war darüber nicht viel zu lesen. Wozu auch. Es handelt sich um Herrschaften, die innerhalb der westlichen Weltordnung bescheidenen Pflichten nachzukommen haben, die sie aber sehr anständig und unaffällig erledigen. Diesen Staatschefs ist es eine Selbstverständlichkeit, - daß sich die Demokratie gestärkt gehört, was bei ihnen eine dauernde "Anstrengung" bleibt, derer sich mit Vorliebe energische Männer mit lauter militärischen Titeln im Vornamen annehmen; - daß "Demokratie stärken" einer grundlegenden Voraussetzung be- darf, nämlich sich ins westliche Freiheitssystem reibungslos ein- zugliedern; solange da kein Liebäugeln mit östlichen Diktaturen stattfindet, sind alle einheimischen Gemetzel und Wahlschiebe- reien vielleicht "verfehlte Problemlösungen", dienen aber noch allemal der "Stabilität"; - daß sie sich "echte Blockfreie" nennen; "unechte" bedeutet ja nur, sie sind mit dem falschen Block verwickelt. Solche Staatsmänner bekommen von Präsident Carstens oder Kanzler Kohl immer eine lobende Erwähnung. Z u m B e i s p i e l der Staatschef Mara von Fidschi trifft auf einen sehr gespannten Kohl, der "die Gelegenheit begrüßte, sich aus erster Hand über die Lage und Entwicklungstendenzen in dieser w e l t p o l i t i s c h w i c h t i g e n R e g i o n zu unterrichten." Das Elend der dortigen Bevölkerung hat beide nicht im geringsten während ihres Meinungsaustausches interes- siert, sah sich doch Präsident Mara dadurch keinen Moment lang darin behindert, seine "weltpolitisch wichtige" Regionalaufgabe wahrzunehmen, nämlich den UNO-Resolutionsentwurf gegen den Flug- zeugabschuß über Sachalin mit einzubringen. Das Fidschi-Volk wird davon zwar in weiten Teilen nichts wissen, aber es wird dadurch auf jeden Fall ein gutes Volk. Es läßt sich obendrein dafür ge- brauchen, daß man es in Uniformen steckt und zur UNO-Friedens- truppe in den Libanon verschickt - auch darüber durfte sich Kanz- ler Kohl "unterrichten". Seltsamerweise wollte ihm dabei nicht einfallen, ob sich dieses Land "eines der ärmsten der Welt", wie es immer heißt - solche Abzüge vom Staatshaushalt denn leisten kann. Ein Kanzler, der die Rente einer jeden Oma als eine schier unerträgliche Belastung darzustellen versteht, der ist sich na- türlich mit seinem Kollegen Mara darin einig, daß man in "weltpolitisch wichtigen Fragen" nicht pingelig sein kann. Z u m B e i s p i e l der Oberst Jean-Baptiste Bagaza, Staats- chef von Burundi, trifft auf einen Präsidenten Carstens, der ihm ohne weiteres folgenden Satz zum Verständnis zumutet: "Ich hoffe auch, daß die erst am Anfang stehenden privatwirtschaftlichen Be- ziehungen zwischen unseren Ländern hieraus einen Gewinn ziehen werden." Der Oberst versteht diesen Satz trotz seiner verunglück- ten Grammatik schon so, wie er gemeint ist: Der G e w i n n, der hier aus "privatwirtschaftlichen Beziehungen" gezogen werden soll, hat nichts zu schaffen mit einem für beide Seiten profitab- len G e s c h ä f t. Dafür fehlt auf der burundischen Seite so gut wie alles. M. Bagaza weiß trotzdem, was von ihm verlangt ist und wozu er in Bonn die honneurs empfängt: Dafür, daß man ihm Kredite und Waffen gibt, hat er dafür zu sorgen, daß ein paar westdeutsche Kapitale ein ungehindertes Nutzungsrecht über die dreieinhalb (agrarischen) Rohstoffe in seinem Land haben. Diese Sorte Staatskunst fällt mit dem zusammen, was er in seiner mili- tärischen Laufbahn gelernt hat. Ja, das sind Freunde, die wir gut leiden können. E s g a b a b e r a u c h e i n e A u s n a h m e: Der nicaraguanische Innenminister Tomas Borge saß zunächst einmal in Bonn herum, ohne "kompetente und rangentsprechende Gespräch- spartner" zu finden. Das lag nicht daran, daß gerade alle ver- reist waren; es lag auch nicht daran, daß Borge sich irgendwie feindselig aufgeführt hätte - auf diese diplomatisch unverhüllte Art wurde ihm gezeigt, daß er nicht zu den Freunden des Freien Westens zählt, selbst wenn er noch so kompromißbereit und bitt- stellerisch daherkommt. Er ist Vertreter eines Landes, das für s t ö r e n d erachtet wird; und daß diese Störung ausschließ- lich darin besteht, nicht unmittelbare und vollkommene Botmäßig- keit zu zeigen, das wurde ihm auf folgende heuchlerische und doch sehr treffende Weise mitgeteilt: Wann gibt's bei euch endlich Pluralismus? Wann haltet ihr endlich freie Wahlen ab? Mitten in einem mörderischen Bürgerkrieg, den die USA ganz nach Belieben steuern, muß sich der nicaraguanische Innenminister von Spitzohr- Genscher anhören, daß in seinem Land eigentlich nur ein Problem existiert - "die Errichtung der Demokratie". Derselbe Genscher, der gerade von der UNO zurückkam, wo er eine illustre Reihe blu- terfahrener Militärdiktatoren an seinen Spitzbauch gedrückt hat, dieser Genscher behauptet gegenüber Tomas Borge, die Abhaltung demokratischer Wahlen in Nicaragua sei der Springpunkt freund- schaftlichen Verkehrs. Und das stimmt ja auch - von seiten der BRD: "Errichtung der Demokratie" ist nichts anderes, als der un- verschämte Anspruch an die Sandinisten, ihre eigene Herrschaft aufzugeben, sich am besten auf der Stelle von den CIA-Contras "abwählen" zu lassen. Ein Comandante der sandinistischen Revolution läßt sich diese Be- handlung gefallen, weil er gar keine andere Wahl hat, wenn er nach Bonn reisen will. Er braucht für seinen Staat sowohl die 20 bis 40 Mio. DM, über die noch verhandelt wird, als auch V e r h a n d l u n g e n mit einer westlichen Führungsmacht BRD überhaupt, von denen er sich ein Stück Anerkennung seines "Regimes" verspricht, das von d e r Führungsmacht des Westens im wahrsten Wortsinne zum Tode verurteilt worden ist. Ein ver- zweifelter Rettungsversuch also, zu dem Tomas Borge an den Rhein gekommen ist, während zur gleichen Zeit die Bündnispartner des Bonner Regimes im Pentagon die "Contras" aufrüsten und zum Maro- dieren ins Land schicken. Weil die westliche Weltordnung nun ein- mal so beschaffen ist, daß Nicaragua vom K r e d i t aus Staa- ten wie der BRD leben muß, reichen für Genscher auch ein paar Millionen tatsächlich aus, um ein ganzes Volk samt seiner Regie- rung zu e r p r e s s e n. zurück