Quelle: Archiv MG - BRD ALLGEMEIN - Auf dem Weg zur Weltmacht


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       Keine Woche ohne Scharfmacherei gegen die Sowjetunion
       

"WIR" UND DIE RUSSEN

Mal auf die schleimige Tour: ---------------------------- Genscher will den Russen helfen ------------------------------- Es ist schon merkwürdig: Die Russen haben es den westlichen Auf- passern doch noch nie recht machen können, und jetzt fangen sie sich auf einmal Komplimente ein. Unser Genscher verbreitet sich pausenlos, daß man die Sowjetunion "unterstützen" sollte. Als ob die dort ausgerechnet ihn brauchen könnten. Die Neuerungen, die Gorbatschow durchsetzt, befindet der Außenminister für hochinter- essant; eine "historische Chance für eine konstruktive Zusam- menarbeit zwischen Ost und West" will er darin sehen. Schon wie- der eine "Entspannung", der Beginn einer wundervollen Freund- schaft? Na ja, dazu hat man eben einen Außenminister, damit der die im- mergleichen unverschämten Ansprüche der deutschen Republik gegen- über dem ausgesuchten Feind verkündet und sich vor aller Welt da- mit aufbläst, als hätte er wieder etwas ganz Neues ausgebrütet. Er vertritt ganz bescheiden immer nur die Auffassung, daß es überall auf der Welt so zu funktionieren hat, daß deutsche Inter- essen bedient werden. Er verfügt, gemeinsam mit seinen NATO-Kol- legen, auch über die Mittel; das überall durchzusetzen - mit eben der Hauptausnahme der Sowjetunion, dem einzigen verbliebenen, ernstzunehmenden Staat auf der Welt, der seine inneren Angelegen- heiten so regelt, wie es ihm gefällt, und nicht nach dem Ge- schmack von Genscher und Co. Die Sowjetführung kann deshalb keinen Muckser tun, ohne daß die versammelten Feindbeobachter sofort das Ab- und Einschätzen an- fangen, ist uns das recht oder nicht, nützt uns das oder nicht... Kein Kunstfilmchen, kein Stück neuer Damenmode, keine Idee in der Partei entgeht dieser scharfsinnigen Überprüfung. Das sowjetische Politbüro hat jetzt einige Reformen beschlossen, sofort wurden ungemein "spannende Neuerungen" gemeldet, eine zu erwartende "Öffnung" und "Liberalisierung". Als könnte die Sowjetführung, wenn sie sich Maßnahmen einfallen läßt, um ihre Gesellschaft vor- anzubringen, auf gar keine anderen Gedanken kommen, als es ausge- rechnet dem Westen, ausgerechnet ihrem F e i n d recht zu ma- chen. Genscher: "Nehmen wir Gorbatschow ernst, nehmen wir ihn beim Wort." Bei welchem Wort denn eigentlich? Seit wann hat denn der oberste Russe ausgerechnet unserem Genscher etwas verspro- chen?! Deutsche Politiker haben einen ausgeprägten Hang zum Größenwahn- sinn: Ihre Kommentare zu den inneren Verhältnissen in anderen Ländern drücken nichts anderes aus als die Ansprüche deutscher Politik bezüglich dieser Staaten. Die jetzigen Komplimente an die reformfreudigen Sowjetpolitiker und die Beschwörung von großarti- gen Perspektiven einer neuen Entspannung sind nichts anderes als die berechnend-schleimige Neuauflage der immergleichen Aufforde- rung an die Adresse der Russen: Ändert euch! Ändert euer politi- sches Programm, ändert eure Wirtschaftsmethoden, damit wir mit euch machen können, was wir wollen. Das gäbe dann herrliche Be- ziehungen! Nur zur Erinnerung: Dieselbe Aufforderung in umgekehr- ter Himmelsrichtung muß immer als Beweis der "kommunistischen Ge- fahr" herhalten, auch wenn sie gar nicht mehr zu hören ist. "Weltrevolution" - für den Westen, die Abschaffung des Kommunis- mus im Ostblock, das gilt aber als das gute Recht westlicher Staatsmänner! Das gibt sich in der gekonnten Heuchelei eines Gen- scher als freundliches "Hilfsangebot" aus: "Der Westen muß bereit sein, eine großangelegte wirtschaftliche Zusammenarbeit auf den Weg zu bringen, die der Sowjetunion bei der Modernisierung ihrer Wirtschaft hilft, dieses riesige, an Bodenschätzen reiche Land entwickelt und die uns Wachstum und Ar- beitsplätze bringt." Das könnte ihm so passen. Die mächtige Sowjetunion erklärt sich freiwillig für ohnmächtig, erklärt sich zum "Entwicklungsland" und liefert sich an die westlichen Politratgeber und Geschäftema- cher aus, die ja schon den Rest der Welt mit einer so großartigen "Entwicklung" versorgt haben, daß überall deutsche Firmen ein gutes Geschäft machen und die Einheimischen sich im Hungern üben. Bloß - die Sowjetunion denkt nicht im entferntesten an eine sol- che "Modernisierung", und sie hat auch keineswegs in Bonn um Ent- wicklungshilfe gebeten. Deswegen sind sich nämlich die Freunde einer sowjetischen Modernisierung auch immer wieder so schnell einig, daß - ihnen - das sowjetische Reformprogramm nicht weit genug geht. Deshalb schalten sie genauso schnell auch wieder von Begeisterung auf Enttäuschung um, keine "echte" Demokratisierung, keine "wirkliche" Liberalisierung, immer noch kein freier Zugriff für unsere Genschers und Wirtschaftskapitäne... Mal mit offenherziger Hetze: ---------------------------- Gegen die Russen hilft nur Totrüsten! ------------------------------------- Während Genscher mit seiner neuen Entspannung hausieren geht, er- örtern seine Kollegen ihre nächsten Rüstungsvorhaben. Neulich wieder auf der Wehrkundetagung in München. Dort hat der US-Ver- treter Perle wieder einmal Klartext geredet: "Abrüstung" war und ist eine Zwecklüge für vertrauenselige Untertanen. Jetzt, wo Gor- batschow mit seinen Abrüstungsvorschlägen eventuelle Sympathien einheimsen könnte, muß man die eigenen alten Lügen energisch de- mentieren. "Gorbatschows Vorschlag, alle Atomwaffen bis zum Jahr 2000 abzu- schaffen, ist gefährlicher Unsinn." Gefährlich für wen oder was? "Für die Legitimität unserer atomaren Waffen, die unentbehrlich für die Sicherheit des Westens sind." Die europäischen Kollegen haben den amerikanischen Aufrüstungs- propagandisten unterstützt: Mit dem bewährten Jonglieren von ei- ner Waffengattung zur anderen, von den Langstrecken- zu den Mit- tel- und Kurzstreckenraketen bis zum konventionellen Zeug - alles ist merkwürdigerweise für die westliche Sicherheit ganz unent- behrlich. Egal, ob mit Abrüstungslügen garniert oder ohne. Das fällt in den individuellen Geschmack, ob man das eigene Aufrü- stungsprogramm noch als "Verhandlungsmasse" oder schlicht als "Sicherheitsbedürfnis" ohne diplomatisches Getue betont sehen möchte. "Sicher" wollen sich nämlich westliche Politiker in einer atomwaffenfreien Welt gar nicht fühlen können; "sicher" fühlen sie sich erst dann, wenn sie ein Rüstungsarsenal stehen haben, das der Sowjetunion nicht viel mehr als die Aussicht auf Kapitu- lation eröffnet. Da haben sie allerdings noch einiges zu leisten. Und das ist auch der Grund, weshalb sich der US-Vertreter wieder einmal heftig um die "Verteidigungsbereitschaft" der europäischen Völker sorgt. Die müssen schließlich für das Rüstungsprogramm einstehen, und deshalb kann man die russische Gefahr gar nicht groß, den russischen Charakter gar nicht böse genug ausmalen. Ein Widerspruch zu Genschers "Entspannungsschalmeien"? Wohl kaum. Dessen Sprüche, daß sich die Sowjetunion für die westlichen In- teressen zurechtzureformieren hat, sind schließlich auch nur eine Methode der propagandistischen Kriegführung gegen den Sozialis- mus. Gesagt hat er ja immerzu nur, daß sich der Feind gefälligst seine Auflagen gefallen lassen sollte. Und wenn sich die Gen- schers und Co. das russische Reformprogramm auch immer wieder gerne so zurechtlegen, als müßten die Sowjetführer ihre erfolg- reiche Staatskunst kopieren, das westliche Modell nachmachen und um ihre freundliche Entwicklungshilfe bitten - diese Sorte Ge- burtshelferschaft an der sowjetischen Reform ist ein reines Pro- dukt ihrer Phantasie. Der einzige wirkliche Beitrag des Westens zu den Neuerungen in der sowjetischen Politik besteht in der mi- litärischen Bedrohung, die die NATO täglich ausbaut. Diese Bedro- hung nimmt die sowjetische Führung bitter ernst. Wegen dieser Be- drohung, hat sie beschlossen, daß sie sich in ihrer Gesellschaft keine Schwächen oder Mängel mehr leisten kann. Und dafür mobili- siert sie ihr Volk, also wirklich nicht für den Westen. zurück