Quelle: Archiv MG - BRD ALLGEMEIN - Auf dem Weg zur Weltmacht
zurück Bremer Hochschulzeitung Nr. 53, 04.05.1982 WochenschauNEUES PERSONAL IN BONN
Die mit dem Wort "Kabinettsumbildung" verknüpfte sprachliche As- soziation an ein Möbelrücken in der guten Stube paßt nicht schlecht zu den personellen Veränderungen, die Helmut Schmidt nach dem SPD-Parteitag vornahm. Einerseits werden bislang als "sozialdemokratisehe Gallionsfiguren" in der Regierung sitzende Politiker durch "farblose" Fachleute ausgetauscht, andererseits wird der parteilos der "SPD nahestehende" Regierungssprecher durch einen fernseherprobten Schmidt-Kopierer ersetzt. Damit än- dert sich an der P o l i t i k überhaupt nichts, die Form ihrer P r ä s e n t a t i o n wird jedoch der in München vorgestellten Parteistrategie angepaßt, mit Hilfe derer die SPD erfolgreich die Weichen für die anstehenden Wahlen stellen will, ganz gleich, ob als Regierungs- oder als Oppositionspartei. Die Umverteilung der für "Soziales" den Leuten abgenommenen Gelder auf die Zwecke, die zur Zeit im Vordergrund des nationalen Interesses stehen, ver- tritt nicht mehr der ehemalige Gewerkschafter Ehrenberg, dem jetzt "glückloses Agieren" nachgerufen wird. Die kommenden "Sparhaushalte" stellt der "Technokrat" Lahnstein vor und nicht mehr der als möglicher Kanzlerkandidat gehandelte Matthöfer, dem mit "Herzrhythmusstörungen" ein harmonischer Übergang ins Postwe- sen verordnet wurde, wo er den ebenfalls "glücklosen" Gscheidle ablöst. Wetten, daß Matthöfer dort bis zur nächsten Erhöhung der Postgebühren eine "glückliche Hand" haben wird! Der Rücktritt der einen Antje zugunsten der anderen Anke, die für den Posten allein schon durch die für eine Frau nicht so ohne weiteres zu bringende Ähnlichkeit mit dem Kanzler in Physiognomie und Haarschnitt mehr als qualifiziert ist, demonstriert die sozialdemokratischen Tu- genden und Prinzipientreue und der Solidarität gleichzeitig. Ab- gerundet wird die "Straffung der Kabinettsarbeit" durch die Rück- kehr Wischnewskis ins Kanzleramt, was den Weg für die Parteivize- prägidentschaft des möglichen Brandt-Nachfolgers Johannes Rau freimacht. Dessen Befähigungsnachweis als schrankenloser Opportu- nist der Macht ließ sich in der "FAZ" vom 26. April in der Form einer Laudation nachlesen: "Rau hat das laute Marktgeschrei in der Politik, den überzogenen Anspruch durch das schnelle Urteil immer vermieden. Er wirkt als Handelnder im Geschehen oft wie ein unbeteiligter Beobachter... Gleichwohl hat Rau auf der Stufenlei- ter seines Aufstiegs immer gewußt, wann er den jeweils nächsten Schritt tun mußte..." zurück