Quelle: Archiv MG - BRD ALLGEMEIN - Auf dem Weg zur Weltmacht
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Münchner Hochschulzeitung Nr. 6, 16.12.1981
DAS LETZTE 1981
Das "Jahr des Behinderten", das laut dpa vom 8. Dezember mit ei-
nem "Eklat" begann (ein aufgebrachter" Behinderter ging mit sei-
ner Krücke auf den Bundespräsidenten los), endete mit einem Ge-
genangriff der Staatsgewalt auf die Krüppel: "Der CDU-Abgeordnete
Adolf Müller (Remscheid) warnte vor der 'Inflation der Behinder-
ten' und stützte sich dabei auf eine Statistik, derzufolge 'die
Zahl der gesetzlich anerkannten Behinderten in diesem Jahr auf
mehr als vier Millionen gestiegen ist'." Als Folge des Behinder-
tenjahrs steht also 1983 eine "Novellierung des Schwerstbehinder-
tengesetzes" an, dem die vor Menschlichkeit nur so triefende Auf-
gabe zukommt zwischen "echten Krüppeln" und "Scheinbehinderten"
paragraphenmäßig zu differenzieren, nachdem bereits im laufenden
Jahr auf kommunaler Ebene nicht zu knapp gestrichen worden ist.
Die "Behindertenverbände" selbst haben die öffentlichen Signale
be- und aufgegriffen: Sie "sorgen sich um die rapide wachsenden
Zahlen", was die "echten" Behinderten benachteilige. Was für eine
Welt in der Millionen zu der Überzeugung gelangen, daß sie als
Krüppel besser fahren als mit ihrer Gesundheit!
"Schmidt nennt Proteste der Studenten legitim" (FAZ vom 10. De-
zember). Dies ist genausowenig überraschend wie die Reaktion der
VDS, die sich im "nationalen Studentenstreik" gegen die Bundesre-
gierung von den Kanzlerworten "ermutigt fühlen, nunmehr ihre For-
derung nach einem Sofortprogramm zum Ausbau der Hochschulen zu
erneuern". Zugleich wandte sich der Kanzler "entschieden gegen
Aktionen zum Boykott von Vorlesungen an Hochschulen" (Frankfurter
Rundschau vom 10. Dezember). Der Verlauf des VDS-Streiks zeigt,
daß die Logik des Kanzlers für die Studenten zwingender ist als
diejenige ihrer Vertreter: Wer so scharf aufs Studium ist, daß er
dafür alle Zumutungen in Kauf nimmt, die die Regierung zwischen
ihn und das Examen setzt, der reagiert darauf nicht mit Wider-
stand, sondern mit dem Bemühen, für sich das Beste daraus zu ma-
chen. Das gelassene Verständnis der Öffentlichkeit für studenti-
schen Unmut beruht zum einen auf der Würdigung des Tatbestands,
daß in diesen "schweren Zeiten" auch die Studenten nichts zu la-
chen haben, zum anderen auf der Sicherheit, daß selbst
"Boykottmaßnahmen" keinen Augenblick in Frage stellen, was da
boykottiert wird. So sehen sie dann auch aus: Ganze Seminare wer-
den mit Beteiligung der Dozenten zu Streikveranstaltungen umde-
klariert, an manchen Unis benutzen die Kommilitonen ein paar
freie Tage zum häuslichen Studium und ein Großteil der
"verzweifelten" Studenten ignoriert den VDS-Streik gleich, weil
"er nichts bringt". Recht haben sie zwar vom Resultat her. Rich-
tig liegen sie allerdings mit ihrem Standpunkt, studieren um und
für jeden Preis würde es bringen, genausowenig wie die VDS-Hänger
mit ihrer Streikmasche, ausgerechnet den akademischen Berufen di-
verse volksfreundliche und friedensstiftende Funktionen anzudich-
ten. Insofern sind die Interessenvertreter und die von ihnen ver-
tretenen Interessen einander würdig.
Laut dpa vom 9. Dezember hat das "bischöfliche Ordinariat in Mün-
chen" eine "ungenierte, hemmungslose Inanspruchnahme der Advents
und Weihnachtszeit zum Zwecke der Umsatzsteigerung kritisiert".
Besonders anstößig fand der Bischof die Einladung einer
Möbelfirma zu einem "Weihnachtsbüffet bei leiser Weihnachtsmusik,
damit man das Schmatzen nicht so hört". Die Kirche reklamiert
also einen Patentschutz für ihre Erfindung Christfest und die ex-
klusiven Nutzungsrechte an des Herrn Geburt, wobei neben dem
ideologischen Ertrag durchaus auch der Kommerzielle gemeint ist:
Bei der Weihnachtskollekte spielt die Orgel, damit man das Klim-
pern und Knistern im Klingelbeutel nicht hört.
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