Quelle: Archiv MG - BRD ALLGEMEIN - Auf dem Weg zur Weltmacht
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Die BRD:
EINE ATOMMACHT BESONDEREN TYPS
mit "ziviler" Ideologie und einer Protestbewegung, die unerschüt-
terlich daran glaubt
Eine Nation, deren Industrie Atomkraftwerke nicht bloß betreibt,
sondern auch in beliebiger Art und Anzahl bauen kann und Uranan-
reicherungsanlagen, Brennelementefabriken und Resteverwertungs-
einrichtungen sowieso, die kann selbstverständlich auch Atombom-
ben bauen. Eine Nation, deren politische Führung Uran- und Pluto-
niumgeschäfte rund um den Globus anleitet, ermutigt und betreut,
die ganze Forschungsanlagen auf Technologien zur Herstellung,
Handhabung und Ausnutzung von Spaltstoffen ansetzt und die kein
Gramm "verbrauchten" Kernbrennstoff "umkommen" läßt, die w i l l
auch über eine perfekte Atommacht verfügen. - Insofern ist durch
die Hanauer Atom-"Skandale" nichts Neues herausgekommen. Dreiein-
halb Jahrzehnte bundesdeutscher Atompolitik sprechen für sich und
lassen nichts zu "entlarven" übrig.
Andererseits: Eine Nation, deren politische Chefideologen die Ka-
tegorie des "waffenfähigen Plutoniums" erfunden haben und dazu
die Lüge, so etwas käme in i h r e n Reaktoren und bei
i h r e r Wiederaufbereitung gar nicht vor, die hat ein seltsam
verlogenes Verhältnis zu ihrem Status als Atommacht. Deren Füh-
rung besteht nämlich darauf, ihren gesamten atomindustriellen
Komplex samt Waffenmaterial als z i v i l e s Zeug zu
verbuchen. Der Grund für diese Selbstverleugnung ist einfach. Er
liegt im Kriegsverliererstatus dieser Nation, im auferlegten
Atomwaffen-"Verzicht" und in der daraus abgeleiteten National-
ideologie der militärischen Bescheidenheit. - Insofern gibt es
dauernd etwas zu "entlarven". Nämlich immer dasselbe: die
Diskrepanz zwischen Realität und Ideologie. Ein spannendes
Geschäft.
Die BRD hat ihre Karriere als Atommacht andersherum begonnen als
die anderen Atommächte. Bei denen stand die Atombombenproduktion
am Anfang; das Energiegeschäft kam hinterher. Die BRD hat die nu-
klearen Waffen ihren Verbündeten überlassen (müssen). Verzichten
wollte sie aber auf nichts; schon gar nicht auf die Macht über
diese auserlesenen Machtmittel. Also ist sie ins Atomenergiege-
schäft eingestiegen, massiv und mit viel Erfolg. - Proteste gab
es damals gegen Atomwaffen auf deutschem Boden; der "Atomtod" war
keinem, auch keinem alten Soldaten, sympathisch. Fürs Atomener-
giegeschäft hat kein Kritiker sich interessiert. Das war ja
z i v i l.
Mit den Jahren hat die BRD es zur atomaren Supermacht gebracht.
Den Schlüssel für die Tausende von Atomwaffen auf ihrem Boden
überläßt sie zwar weiterhin ihrer Führungsmacht in der NATO. Aber
alles, was die Atomwaffenmächte können und an Produktionsstätten,
Material und Rohstoffnachschub besitzen, das hat die BRD sich
auch zugelegt. Einschließlich der berühmten "natürlichen Radioak-
tivität". Und alles unter dem Firmenschild: "zivil". - Proteste
gab es irgendwann gegen das zehnte oder zwölfte schwarzrotgoldene
AKW. Und zwar deswegen, weil der Schwindel von der garantierten
Harmlosigkeit schwarzrotgoldener Atomkraft auf fruchtbaren Boden
gefallen war. Nur deswegen gab es ein Erstaunen und ein gewisses
Erschrecken darüber, daß natürlich auch noch der "zivilen" Atom-
energie ihre Herkunft aus der Bombe anzumerken ist: Ihre Produk-
tion ist so gefährlich, daß die ganze Reaktortechnik sich um die
Verhinderung der Katastrophe kümmern muß; und auch wenn das ge-
lingt, fallen schädliche Wirkungen an, die sich nur mit viel
gutem Willen als "Nebenwirkungen" abbuchen lassen. Dieser gute
Wille war bei manchen Menschen guten Willens zeitweilig er-
schöpft. Ein bißchen viel Gefahr und ein bißchen viel Schaden,
"bloß" fürs Geschäft mit elektrischem Strom - meinten einige,
nachdem die politischen Instanzen ihre Sicherheitsphilosophie der
Öffentlichkeit bekanntgegeben hatten.
Inzwischen ist die BRD die beherrschende Macht auf dem Weltmarkt
für nukleares Gut und Gerät aller Art - fertige Waffen ausgenom-
men. Ihren nationalen "Brennstoffkreislauf baut sie aus; der su-
pranationale, der Südafrika als Uranlieferanten und Technologie-
käufer, Frankreich und England als Plutoniumkunden - und noch
viel, viel mehr - einschließt, steht längst. Der "Beweis" ist ge-
lungen: Auch der "zivile" Weg führt zur Atommacht - zu einer
Atommacht besonderen Typs eben. - Und die Protestbewegung bleibt
ihrem Ausgangspunkt treu. Sie nimmt den jeweils aktuellen Re-
gelungsbedarf des Atomenergie-Sektors als Anlaß, sich Sorgen um
die Republik zu machen und die Regierenden darauf aufmerksam ma-
chen zu wollen. Das Management plant eine Uran- und Plutoniumge-
winnung aus "abgebrannten" Brennstäben - die Protestbewegung
sorgt sich um die Grenzwerte radioaktiver Belastung. Das Manage-
ment schmiert seine nationalen und internationalen Transportwege
- die Protestbewegung sorgt sich um dessen (Un)Sicherheit. Das
Management hortet und handelt weltweit mit Plutonium - die Pro-
testbewegung sorgt sich um einen möglichen Atombombenmißbrauch.
Und immer, wenn das Management etwas Neues in Angriff nimmt, läßt
der Protest auch wieder ab von seinen Sorgen von gestern, ohne
daß deren Grund behoben wäre. So durchlebt die bundesdeutsche
Anti-AKW-Bewegung ihre Aufs und Abs als bloßes A n h ä n g s e l
d e r o f f i z i e l l e n B e k a n n t m a c h u n g e n
über die "Gefahren" und "Risiken", die die Macher der schwarzrot-
goldenen Atommacht gerade unbeirrt als "Restrisiko" und als ge-
rade akute "Problematik" i n d i e W e l t s e t z e n.
Die Atommacht BRD ist ziemlich fertig. Die Protestbewegung auch.
Ihre Wortführer sitzen im Parlament und diskutieren mit Töpfer
über die Moral der Degussa-Chefs. Oder mit Zimmermann die
"Gewaltfrage". Das Fußvolk wird von der Prominenz zu gelegentli-
chen - "gewaltfreien!!!" - Demos gebeten und zwischendurch mit
Becquerel-Nachrichten unterhalten, damit es sich bei der Wahl
daran erinnert. So kommt im "Atomstaat" auch die Demokratie nicht
zu kurz.
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