Quelle: Archiv MG - BRD ALLGEMEIN - Auf dem Weg zur Weltmacht


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       Bremer Hochschulzeitung Nr. 99, 10.07.1984
       

ALLTAG DER AUFRÜSTUNG

1. "Verteidigungsetat 1985 erfüllt NATO-Norm nicht." ---------------------------------------------------- Unter dieser Überschrift werden in der Frankfurter Rundschau vom 5. Juli als Fakten gemeldet. 1. 48,1 Milliarden will die BRD 1985 offiziell für die Kriegsvorbereitung ausgeben. 2. Dem Wachstum dieses Postens sind alle sonstigen Ausgaben untergeordnet. "Der Verteidigungsetat steige dreimal stärker als der Gesamthaushalt, betonte Wörner." Als ob es auf Widersprüche nicht ankäme, folgt dieser Feststellung über den absoluten Vorrang der Rüstung die driste Lüge, der Verteidigungsetat 1985 zeige den "Vorrang der Konsolidierung der Bundesfinanzen." In dem Bericht geht es jedoch gar nicht um die Fakten, die nebenbei vorkommen, sondern (siehe Überschrift) um die gefällige Selbstdarstellung eines deutschen Wehrministers, der in der internen Konkurrenz der NATO um die Verteilung der Vorkriegslasten gut abgeschnitten haben möchte. Den Wünschen aus den USA auf eine 4% Erhöhung des Wehretats könne er, Wörner, erst 1986 vollkommen nachkommen, bis dahin müßten sich die USA mit 3,7% gedulden. Nun muß Wörner auf Washington, und die Nation darf für ihn beten, das Pentagon möge ihn unge- rupft wieder nach Hause lassen! 2. "Trotz US-Zustimmung Gespräche über Weltraumwaffen fraglich" --------------------------------------------------------------- meldet die FR vom 5. Juli 1984 über den Stand der Auseinanderset- zung um die Kautelen eines von der Sowjetunion den USA vorge- schlagenen Termins im September, bei dem das "Wettrüsten im Welt- raum" zur Sprache kommen soll. Daß die Zeitung mit dieser Über- schrift eine D e s i n f o r m a t i o n in die Welt setzen will, gibt sie selbst zu, wenn sie in ihrer Unterüberschrift der Wahrheit kleingedruckt schon näher kommt. "Washington beharrt auf seiner Bedingung, die Genfer Abrüstungskonferenz anzukoppeln." Das Wort "Bedingung" ist eine sehr vornehme Umschreibung der Tat- sache, daß die USA in dem sowjetischen Vorschlag zu Verhandlungen über Weltraumwaffen nur ein Gutes erblickt haben: die Chance zu einer Erpressung. Angesichts ihrer Erfolge in Sachen "Weltraumverteidigung" schätzt das Pentagon ein, daß die sowjeti- sche Seite unter einem echten Zwang steht, den es auszunutzen gilt. Das Ziel des amerikanischen Manövers, gar nicht groß ver- schwiegen, besteht darin, die eigenen Fortschritte an dieser Auf- rüstungsfront als Druckmittel einzusetzen, um den Widerstand der Sowjetunion bei anderen entscheidenden Positionen zu brechen. Denn noch immer weigert sich die Sowjetunion ja "unverschämterweise", die von der NATO-Aufrüstung gesetzten neuen Fakten als unumstößlich anzuerkennen. In dieser verlangten Unter- werfung ein Stück weiterzukommen, dazu dient der amerikanische Versuch, das "Eingehen" auf das sowjetische Bedürfnis gleich mit dem handfesten Diktat zu verbinden, gegen Pershing und Cruise missile gäbe es nun endgültig kein "Argument" mehr. In der Kalku- lation ihrer Erpressung haben die USA nur Freiheiten: Geht die Sowjetunion auf das Angebot nicht ein, so ist für die Pentagon- Militärs nichts verloren, denn nicht sie haben ja Lust auf Ge- spräche über die Weltraumwaffen "verspürt". Vollkommen lächerlich ist der Versuch der Presse, das "Hin und Her" um den Wiener Sep- tembertermin mit den amerikanischen Präsidentschaftswahlen in Verbindung bringen zu wollen und ein "wahltaktisches Umschwenken" Reagans zu konstatieren. Auf die Idee, zur Abwechslung einmal ein sowjetisches Angebot positiv aufzunehmen ist Reagan nämlich ganz unabhängig davon gekommen, daß zufällig seine Wiederwahl ins Haus steht. Von einem "Umschwenken" kann sowieso nicht die Rede sein. Reagan und seine Mitstreiter betrachten das ganz anders, sie se- hen nur die E r f o l g e ihrer eingeschlagenen Strategie von gestern und setzen sie deshalb fort. In dem sowjetischen Angebot zu g e t r e n n t e n Verhandlungen über die Weltraumrüstung sehen sie ein erstes konkretes Eingeständnis des Gegners, daß er gegen die USA ein Wettrüsten nicht durchzuhalten vermag. Zufrie- den konstatiert man im Pentagon, daß der Gegner Wirkung zeigt und anfängt, unter dem Druck des neuen amerikanischen Aufrüstungspro- gramms zu leiden. Auf solche Beweise hat Reagan einige Zeit war- ten müssen, daher ist es sehr verständlich, daß er auf sie schnell reagiert auf dem Weg zu seinem Ziel, die Sowjetunion in die Knie zu zwingen. zurück