Quelle: Archiv MG - BRD ALLGEMEIN - Auf dem Weg zur Weltmacht
zurück Abrüstung, Null-Lösung, Frieden mit weniger Waffen?NICHTS FÜR DIE BRD!
Können "wir uns" ein "entnuklearisiertes Europa" leisten? Es gibt Leute, die stellen sich diese Frage ganz im Ernst. Weil sie näm- lich über Atomraketen und Armeen gebieten wie andere Leute über ein Fahrrad und zwei gute Anzüge. In deren Entscheidungen geht der Normalmensch völlig unter mit seinen "kleinen Sorgen". So et- was nennt man übrigens Herrschaft. Aber als gute Nationalisten sind deutsche Bürger ja unbedingt dafür, daß deutsche Führer über Fragen entscheiden, in denen sie selber mit ihrem Persönchen im Zweifelsfall untergehen. Deswegen lassen sie sich auch ganz brav alles vorrechnen, was ihre Herren in Bonn an Sorgen drückt. Auch wenn die Sorgen es in sich haben - und die mitgeteilten Rechnun- gen absurd sind. Betrachten wir erst mal ein bißchen das Rechnungswesen mit der Zahl 0. Und zwar nicht die Propagandakunststücke, die Genscher und die SPD damit aufführen. Auch nicht die falschen Hoffnungen, die Friedensbewegte darauf setzen. Sondern die wirklichen Rech- nungen derer, die das Sagen haben. Da lernt man eine interessante Kalkulation kennen: Lieber weniger Atomraketen kürzerer Reichweite als der Feind - am besten natür- lich gleich viele -, als daß beide Seiten gar keine Waffen dieses Kalibers in ihrem Arsenal haben. Rühe von der CDU drückt das so aus: Das R e c h t, in der Gattung atomarer Kurzstreckenraketen aufzurüsten, muß uns wichtiger sein als die Reduzierung des so- wjetischen Vorsprungs auf Null, wenn wir dann k e i n Recht zur Aufrüstung mit diesen Waffen haben. Eine interessante Logik: Die Bonner Weltpolitiker fürchten um ihre militärische Macht, wenn sie auf wuchtige Waffen verzichten sollen, bloß weil der Gegner sie auch nicht hat. Abrüstungswille ist das nicht gerade. Und es ist aus Bonn noch nicht einmal ein Rechnung zu vernehmen, die in gewohnter Manier mit dem großen Einmaleins ein unverzichtbares Gleichgewicht ableitet. Eine solche Berechnung liegt auch nicht bei dem Verweis auf eine angebliche konventionelle Überlegenheit der Warschauer-Pakt-Staa- ten vor, den dieselben Leute zur Begründung anbringen. Was heißt es denn schon, wenn diese Überlegenheit 3 zu 1 beträgt? Lassen wir mal die längst aufgedeckten Schwindeleien in dieser Rechnung beiseite. Vergessen wir mal den Stolz, mit dem die deutschen Rü- stungsmanager bei jeder Gelegenheit die unendliche technologische Überlegenheit ihrer "konventionellen" Waffen beteuern. Sehen wir auch davon ab daß die Sowjetunion mit ihren Streitkräften ja nicht bloß den Truppen des Westens in Europa gewachsen sein will, sondern auch mit den weltweit mobilen Truppen der US-Army zu rechnen hat, die nicht hier stationiert sind. Jenseits dessen ist die Rechnung selbst so offenkundig seltsam: Wenn eine Überlegen- heit des Feindes bei bestimmten Atomwaffen auf ein beiderseitige Null reduziert wird - d a n n würde "unsere "konventionelle Un- terlegenheit" erst richtig schlimm. 1 x unterlegen - nicht auszu- halten 2 x unterlegen - in Ordnung: Diese Rechnung spottet wirk- lich jeder Vernunft. Aber bis zur Wahrheit, die die nationalen Führer in Bonn vernünf- tig finden und streng befolgen, ist es nicht weit. Sie heißt erst einmal: O h n e W a f f e n k o m m e n d i e s e L e u t e s i c h n a c k t v o r, unabhängig davon, ob der Feind dann auch entsprechend mehr rüstet. Als hätten sie ihre Aufrüstungsmaßnahmen nie mit ideologischen Rechnungen über "Gleichgewichte" in allen Waffengattungen gerechtfertigt, werden sie jetzt hemmungslos ehrlich: Die Außenpolitik ihrer Nation steht und fällt mit ihren Gewaltmitteln. Dabei messen die Staats- männer das, was sie Sicherheit nennen, gar nicht an dem, was an- dere Staaten ihnen eventuell antun können, sondern allemal an der eigenen Schlagkraft. Diese Klarstellung sollte man sich mal als erste merken - gegen alle friedensfreundlichen Phrasen von wegen "Frieden schaffen mit immer weniger Waffen". Über so etwas können die Strategen, die die Macht der Nation betreuen und bewachen, nur den Kopf schütteln. Daß sie dies nun öffentlich und ohne Um- schweife tun, hat Gorbatschow mit seinen Vorschlägen bewirkt. Bundesdeutsche Friedenssorgen: ------------------------------ Keine Degradierung zur militärischen Null ----------------------------------------- Die BRD-Politiker haben in der Sicherheitsfrage einen eindeutigen Standpunkt. Wenn die Atomwaffendichte auf westeuropäischem und speziell deutschem Boden auch in bißchen geringer würde, dann wäre das ein S i c h e r h e i t s v e r l u s t. Ideologisch kleiden sie das gern in die Sorge, die USA würden sich aus Europa strategisch zurückziehen und uns den Russen überlassen. Das ist Unsinn: Die USA geben im Leben nicht die Sammlung von Bündnis- staaten auf, deren Gefolgschaft erst die westliche Weltmacht garantiert. Das befürchtet man auch in Bonn nicht. Trotzdem bleibt das dauernde Bedenken, Sowjets und Amerikaner könnten sich in Genf h i n t e r u n s e r e m R ü c k e n u n d z u u n s e r e m N a c h t e i l auf "strategisch bedenkliche" Null-Lösungen verständigen. Was heißt da: "auf unsere Kosten"? Die Sicherheit der NATO-Ostgrenze ist es doch wirklich nicht, die die USA - ausgerechnet die! - verschenken wollten. Worum fürchten dann die Macher in Bonn? Ihnen geht es um die Macht und strategische Bedeutung, die die US-Atomraketen der Bundesrepublik (ver) l e i h e n. Das ist ihre Schwäche. Denn für ihre Stärke müssen sie sich auf strategi- sche Vorteils-Nachteils-Rechnungen der USA einstellen, die darauf berechnet sind, die Führungsmacht des Bündnisses zu stärken. Si- cher, das dürfen und sollen unsere Verbündeten - aber doch nicht auf Kosten der unverzichtbaren Mittel der bundesdeutschen Nation, in und nach einem Krieg m a ß g e b l i c h b e t e i l i g t zu sein. Was also erfährt man aus dem aufgeregten Bonn, wenn man dort im- mer so tut, als müßten "wir" Angst haben vor zu wenig Mitsprache und vor zuviel amerikanisch-sowjetischer Abrüstung auf unsere Ko- sten -? Erstens das Grundgesetz eines auf freiheitlichen Werten beruhen- den Bündnisses namens NATO: Die Bedeutung eines Staates bemißt sich in diesem Verein an der Rolle, die er für die Bedrohung der Sowjetunion spielt. Wenn er wesentlich zur Auslöschung der sowje- tischen Macht beitragen kann, so ist das gut und nicht schlecht, weil Zeichen seiner strategischen Wichtigkeit. Um gekehrt bedeu- tet die Minderung all dessen, womit eine solche Nation drohen kann, eine D e g r a d i e r u n g. Zweitens lautet die bundesdeutsche Lesart der NATO-Satzung schlicht und einfach: Unsere Sicherheit besteht nun einmal darin, daß der strategische Atomkrieg auch ein wenig von deutschem Boden ausgehen muß. Drittens sind alle heuchlerischen Befürchtungen über eine womög- lich denkbare "Kumpanei der Supermächte" der Auftakt, um einen Bedarf an "konventioneller Nach-"Rüstung von größtem Kaliber an- zumelden. Natürlich wird auch das wieder als Bedingung fürs Abrü- sten verkauft - wie noch jede westliche Aufrüstung der letzten Jahre. Die Deutschen werden schon die vertrauten pazifistischen Phrasen wieder aufwärmen, um die Selbstverständlichkeit durch- zusetzen, daß jeder Verlust an militärischer Schlagkraft infolge eines d e n k b a r e n Abzugs amerikanischer Atomraketen durch einen w i r k l i c h e n Zuwachs an "konventioneller" Schlag- kraft wieder gutgemacht werden muß. Die Nation hat offenbar noch einiges vor. Sie will - immer mit US-Hilfe - selbst und aus eigenen Mitteln ihre eigene strategi- sche Wichtigkeit definieren und festlegen können. zurück