Quelle: Archiv MG - BRD ALLGEMEIN - Auf dem Weg zur Weltmacht
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DDR und BRD sind nicht zu verwechseln - oder:
UMGEKEHRT, UMGEKEHRT!
z.B.: Meinungsfreiheit
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Schauplatz: Leipzig, 8.10.90, Platz vor der Nikolaikirche, Feier
zum Jahrestag des Auftakts der "friedlichen Revolution vom Herbst
1989". Der Präsident der erweiterten Bundesrepublik ist an-
gereist, um das Aufgehen des zweiten deutschen Staates in dem
seinen mitzufeiern. Dabei ergibt sich für die neuen Bürger auch
gleich die Gelegenheit zum verantwortlichen Gebrauch ihrer neuen
Freiheit: Als ein Vertreter des Neuen Forums den Bundespräsiden-
ten mit kritischen Worten zu den Waffenexporten der BRD bedenkt
und sich gar erdreistet, Weizsäckers Beteiligung an Rüstungsge-
schäften zu kritisieren - da wird dem unerwünschten Kritiker
schlicht die Redemöglichkeit genommen. In aller Freiheit wird er
von demonstrativem Geklatsche inclusive Thomanerchor übertönt.
Ihre erste Lektion haben die neuen Bundesbürger also schnell ge-
lernt: Die hohen Herren aus der Politik hat man gefälligst nicht
zu kritisieren. Was noch vor einem Jahr als Todsünde des SED-Re-
gimes galt - die Unterdrückung von Kritik - ist mittlerweile zum
echten Volksbedürfnis geworden.
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z.B.: Demonstrationsfreiheit
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Schauplatz: Berlin, 3.10.1990, Alexanderplatz. Einige Tausend
Menschen demonstrieren in der Vereinigungsnacht gegen das neue
Deutschland. Da kommen sie bei den endlich von staatlicher Knebe-
lung und Bevormundung befreiten Ex-DDRlern aber gerade an die
richtige Adresse! Denen fällt angesichts der Demo nichts anderes
ein als der Ruf nach der Staatsgewalt, die dem ungehörigen, da
nicht auf Linie befindlichen Demonstrationszug gefälligst ein ge-
waltsames Ende bereiten möge.
Darauf melden die frisch befreiten Ostdeutschen ihr Recht im
neuen Rechtsstaat an: Das neue Deutschland hat gefälligst von
keinem Einspruch aus dem Volke behelligt zu werden, selbst das
harmlose Zurschaustellen einer vom nationalen Kurs abweichenden
Meinung ist ihnen zu viel.
Noch vor einem Jahr fürchtete man sich in der damaligen DDR vor
einer "chinesischen Lösung" und war bereit, Recht und Unrecht ei-
ner ganzen Gesellschaftsordnung an der Frage polizeilicher Ge-
waltanwendung bei Demonstrationen festzumachen. Ein Jahr später
kann die staatliche Ordnungsmacht gar nicht entschlossen genug
durchgreifen.
Kein Zweifel: Mit solchen Bürgern läßt sich Staat machen.
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z.B.: Schulfreiheit
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Die Bundesvereinigung der Oberstudiendirektoren der ehemaligen
BRD ist empört über eine Idee aus Kollegenkreisen der ehemaligen
DDR:
"Mit Befremden reagieren die Oberschuldirektoren auf den Vorstoß
aus Ost-Berlin, daß Schuldirektoren in Zukunft nicht mehr Vorge-
setzte sein, sondern lediglich als 'Organisatoren des Schulle-
bens' wirken sollen. Bei allem Verständnis für den Ärger der Leh-
rer über diktatorisches Gebaren früherer Schulleiter in der ehe-
maligen DDR erinnert die Bundesvereinigung daran, daß die Quali-
tät einer Schule nicht zuletzt von den Kompetenzen ihres Leiters
abhängt." (FAZ 8.10.1990)
Klare Befehls- und Gehorsamsverhältnisse sind eine Schande. Aber
nur unter Honecker. Im Westen sind sie dringend nötig.
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