Quelle: Archiv MG - BRD ALLGEMEIN - Auf dem Weg zur Weltmacht
zurückWARUM KEIN DEUTSCHLAND OHNE NATO? KEINE NATO OHNE DEUTSCHLAND?
40 Jahre lang soll es die NATO nur dazu gegeben haben, um die Russen am Vormarsch bis zum Rhein zu hindern. Jetzt mögen selbst die letzten kalten Krieger diese Bedrohungslüge nicht mehr auf- rechterhalten. Aber daß sie damit überflüssig wäre, die NATO, das soll bloß keiner denken! Kein deutscher Kommißkopp tönt mehr da- von, daß "der Russe kommt", wenn nicht 1 Million NATO-Soldaten, Atomraketen bei Fuß, an der Elbe Wache stehen. Aber o h n e das soll Deutschland nicht gehen, und ebenso kann die NATO auf Deutschland ganz einfach nicht verzichten. Das kriegen die Sowjets zu hören, die die Bedrohung aus dem We- sten gerne los wären und dafür schon mal als Vorleistung ihre ei- genen Armeen und Atomraketen westlich ihrer Staatsgrenze abbauen. Was sie sich als Gegenleistung dafür wünschen: einen Rückzug der NATO-Armeen und -Atomraketen aus dem neuen vergrößerten Deutsch- land, das kriegen sie nicht. Die NATO bleibt in Deutschland, Deutschland in der NATO, basta! Und warum muß das so sein? Dafür gibt es eine ganz besonders in- teressante Begründung: So würde Deutschland "gezähmt", an "unberechenbaren Alleingängen" gehindert; gerade die Russen müß- ten froh darüber sein, daß die deutsche Militärmaschinerie nicht - wie früher - "unkontrolliert" ihr Unwesen treibt, sondern den festen Pfeiler der NATO in Mitteleuropa bildet. Sagen am laute- sten ausgerechnet die Deutschen selbst - d i e Deutschen, die regierenden nämlich, ohne deren Oberbefehl die deutsche Militär- macht überhaupt niemanden bedrohen kann. Eine schöne Abfuhr für Gorbatschows Diplomaten, das muß man sa- gen. Das haben sie jetzt davon, daß ihr großartiger Präsident lauter sowjetische Machtpositionen räumt und dafür auf westliches Entgegenkommen h o f f t. Er e r z w i n g t nicht mehr den Respekt vor sowjetischen Sicherheitsinteressen; er w i r b t dafür, der Westen möchte sie freundlicherweise anerkennen - Trup- penabzug und Hergabe der DDR sind seine Werbegeschenke. Die kas- siert der Westen gerne. Und läßt den Russen ansonsten genau das zukommen, was die Wegwerf-Politik ihres Häuptlings Gorbi einzig und allein verdient: Der Westen erkennt wohlwollend irgendwelche "legitimen sowjeti- schen Sicherheitsinteressen" an; e r f ü l l e n tut er sie n i c h t. Warum auch! Die Russen liefern ja gar keinen handfe- sten Grund dafür, daß die NATO ihre Kräfte auch nur einen Meter zurücknimmt. Statt dessen machen sie ernst mit dem Motto: "Frieden schaffen mit immer weniger e i g e n e n Waffen!" Sie schwächen sich und jammern durch die Gegend. "Siegermacht" wollen sie sein - was wirklich schon lange nichts mehr mit den "weltpolitischen Realitäten" zu tun hat; und tatsächlich verwei- sen sie gar nicht auf ihren Triumph und ihre Stärke, sondern bloß auf ihre Millionen Weltkriegstoten, also auf ihre O p f e r. Wofür soll das ein Argument sein? Für den Westen jedenfalls spricht das nur dafür, daß die Sowjetmacht ziemlich o h n m ä c h t i g operiert; daß sie die M a c h t, die sie schon so weitgehend preisgegeben hat, auch gar nicht ins Spiel bringen w i l l; daß man also ihre Sicherheitsinteressen in Eu- ropa gar nicht ernstzunehmen braucht. Aber bitte, ein bißchen Respekt - vor Weltkriegsopfern, die in- zwischen fast 50 Jahre tot sind! - bekundet man gern; das kostet ja nichts. Alle Demokraten heucheln tiefstes menschliches Ver- ständnis für russische Sicherheitsbedürfnisse. Das ist dann aber auch schon alles an westlichem Entgegenkommen. Das, worauf die Sowjetregierung hinauswill, ihr Antrag auf Trennung zwischen Deutschland und NATO, wird glatt abgewiesen - und nicht nur das: Genau diese Z u r ü c k w e i s u n g soll die sowjetische Seite als bestmögliche B e d i e n u n g ihrer Sicherheitsin- teressen a n s e h e n. Die NATO buchstabiert ihrem Gegner diese absurde Deutung vor: Gerade wegen ihrer vielen Weltkriegs- opfer soll die Sowjetunion doch glücklich und zufrieden sein, daß das neue Deutschland in der NATO bleibt - anders als Hitler, der bekanntlich nicht in der NATO war und dann die Russen überfallen hat! Die Sowjetunion soll einen Sicherheits g e w i n n darin sehen, daß das vereinigte Deutschland k e i n n e u t r a l e r Staat wird, der gegen die Sowjetmacht wenig ausrichten könnte, sondern T e i l der westlichen W e l t m a c h t ist, die da sehr, sehr viel ausrichtet - gerade so, als wäre die einzige deutsche A l t e r n a t i v e z u r N A T O ein n e u e r H i t l e r. Aber wer weiß: Vielleicht ist diese versteckte Drohung mit einem neuen Deutschland, das ohne NATO eine unberechenbare Gefahr vor allem für die Sowjets wäre, ja gar nicht b l o ß eine diplomatische Lüge. Vielleicht wird andersherum ja sogar eine po- litische Wahrheit daraus: Die NATO - Deutschlands Alternative zu Hitler! ---------------------------------------------- Immerhin sichert die NATO dem deutschen Staat seit 40 Jahren ganz andere Freiheiten als die von "sowjetischer Knechtschaft", wie es immer geheißen hat. Zum Beispiel die Freiheit, in aller Welt als Wirtschafts m a c h t unterwegs zu sein und andere Nationen aus- zunutzen - in größter Sicherheit auch dann, wenn das deren Regie- rungen gar nicht mehr gefallen will. Im Rahmen der "westlichen Wertegemeinschaft", wie unser kultivierter Kanzler sich immer ausdrückt, genießt die deutsche Wirtschaft jede Freiheit, bei al- len Nachbarn mit ihrer Konkurrenzmacht zuzuschlagen und für die Vermehrung der DM-Währung zu sorgen - auch wenn das dem Pfund Sterling oder dem französischen Franc gar nicht so gut bekommt. Im Rahmen der NATO hat das besiegte Deutschland, westlicher Teil, die Freiheit bekommen u n d g e n u t z t, sich schon wieder zur stärksten europäischen Truppe - hinter den Russen - aufzu- bauen und zu einem Rüstungsgiganten, der x-mal mehr Waffen produ- ziert als den "Friedensbedarf" der Bundeswehr. Den deutschen Ost- politikern hat die NATO die Freiheit verschafft, der sowjetischen Supermacht mit sehr unversöhnlichen Forderungen auf "Herausgabe" der DDR entgegenzutreten - d a z u wäre eine auf sich allein gestellte BRD nie in der Lage gewesen. Und so weiter. Nachdem die Sowjetunion jetzt tatsächlich ihren SED-Staat geopfert und seine Angliederung an die BRD zugelassen hat, hat die NATO für die deutschen Weltpolitiker erst recht nicht ausge- dient. Mit der deutschen M a c h t wachsen die deutschen I n t e r e s s e n, gerade in Richtung Osten. Und wo die deut- schen Interessen hinreichen, bis dahin muß auch eine schlagkräf- tige m i l i t ä r i s c h e G e w a l t reichen, die die K o n t r o l l e über die Lage sichert - so verlangt es das Drehbuch für staatliche Erfolge. Ein Staat wie das neue Deutsch- land v e r l ä ß t sich nie und nimmer auf freiwillige Bünd- nisse oder Konferenzen wie die berühmte "KSZE". So etwas ist nie und nimmer ein Ersatz für die NATO. Um Europa mitsamt dem neu an- geschlossenen Osten in die richtige deutsche Ordnung zu bringen, reicht den deutschen Politikern kein guter Wille der andern, der jederzeit wieder gekündigt werden könnte. Dafür b r a u c h e n und b e n u t z e n sie die m i l i t ä r i s c h e G e- w a l t, mit der die NATO ihnen den Rücken stärkt. Das ist die neue Gemütlichkeit im russenfreien Europa: Wo die So- wjetunion abzieht, da gehen die Deutschen hin; und wo die hinge- hen, da ist die NATO mit ihnen. Das soll sich die Sowjetregierung nicht nur merken, sondern auch noch höchstoffiziell absegnen. Der Preis dafür ist die Lüge, die NATO-Befehlshaber wären überhaupt die besten sowjetischen Sicherheitsanwälte. zurück