Quelle: Archiv MG - BRD ALLGEMEIN - Auf dem Weg zur Weltmacht
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Was am 2. Dezember nicht zur Wahl steht
DIE GROSSDEUTSCHE STAATSGEWALT UND IHRE VORHABEN
Was bietet der Wahlkampf?
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Den Genuß, gemeinsam mit der Regierungskoalition das neue feiste
Deutschland ganz großartig zu finden. Oder auch den Genuß, ge-
meinsam mit der SPD ganz staatsmännisch nach den Kosten dieses
fetten Brockens zu fragen und mit ihren 12 Nullen recht zu behal-
ten. In beiden Fällen außerdem den unwiderstehlichen Genuß, ge-
meinsam mit allen deutschen Demokraten auf die PDS einzudreschen
und lauter "alte SED-Seilschaften" für sämtliche Kosten der kapi-
talistischen Freiheit haftbar zu machen.
Also ein sattes Stück Volksverblödung. Das muß auch so sein; denn
schließlich soll das geehrte Volk ja am 2. Dezember seine Stimme
abgeben, um seine politischen Meister machen zu lassen und alles
mitzumachen.
Wozu sollten die wahlkämpfenden Politiker da ihr Volk mit Aufklä-
rungen darüber belästigen, was sie mit ihrer großartigen deut-
schen Macht vorhaben? D a s steht ja ohnehin n i c h t zur
Wahl!
Freilich: Angekündigt wird es schon. Mit lauter verlogenen
Parolen. Und es lohnt sich, diese ein wenig zu betrachten. Man
weiß dann wenigstens, wofür die deutsche Staatsmacht ihr braves
Volk als Manövriermasse verplant hat.
"Mehr Verantwortung" = mehr Kriegsbereitschaft!
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Ununterbrochen tönt es auf allen Kanälen, damit es auch jeder
mitkriegt: "Wir Deutsche" haben jetzt mehr "weltpolitische Ver-
antwortung"! Die tragen "wir" jetzt. Und w a s tragen wir da?
Die deutschen P o l i t i k e r beanspruchen ab sofort größere
Zuständigkeit für den Lauf der Welt. - War ihre kleinere
BRDeutschland denn nicht bisher schon überall auf dieser Erde
kräftig vertreten? Auf jedem Markt der Welt haben deutsche Ge-
schäftemacher Geld verdient und Kapital angelegt. In jeder Haupt-
stadt haben Genscher und andere Minister vorbeigeschaut und klar-
gestellt, unter welchen Bedingungen "wir" den Herrschaften mit
der starken Deutschen Mark oder den bewährten Polizeiausbildern
nachhelfen würden. Was hat denn eigentlich noch gefehlt?
Ja, da ist schon einiges passiert in Sachen geschäftlicher Aus-
nutzung und politischer Einmischung. Aber all das reicht plötz-
lich nicht mehr so recht, im Verhältnis zu den Aufgaben, die auf
das vergrößerte Deutschland warten. So verkünden es diejenigen,
die aus zwei Staaten einen mit "mehr Gewicht" gemacht haben. Was
sind das für neuartige Aufgaben, die auf Kohl, Genscher und Co
warten?
Zum Beispiel: einen "verrückten Diktator" in "unserer" Ölregion
bändigen. Die deutschen Machthaber bewerben sich um die Position
von Irrenwärtern, die "größenwahnsinnige" Kollegen unschädlich
machen. Merkwürdig. Durch wen oder was sind derartige Geschöpfe
denn groß geworden? Bekanntlich nicht zuletzt durch deutsche Waf-
fen, deutsche Chemie und sonstige deutsche Ware, mit der "wir" es
zum Exportweltmeister gebracht haben. Ohne Exporteure kriegstaug-
lichen Geräts auch keine Importeure, die es bei Bedarf auf eigene
"Verantwortung" und nationale Rechnung verwenden. Das ist logisch
in der Welt der Staaten. Und was soll jetzt daraus folgen? Viel-
leicht mehr Zurückhaltung im Handel mit hochkarätigen Geschäfts-
artikeln, die zugleich Machtmittel fremder Souveränität sind? Ein
Staatsfeind, wer solches fordert. Was würde da aus deutschen Han-
delsbilanzen? Der ganze ausländische Respekt vor unserem Genscher
wäre mit einem Schlag dahin. Die gültige Schlußfolgerung läuft
genau andersherum:
"Wir Deutsche waren Weltmeister im Verdienen", und damit "wir"
das garantiert bleiben, dürfen "wir" auch "bei heraufziehenden
Gewittern nicht beiseite stehen." (Kohl)
Wo Handel getrieben wird, da muß also auch die Bundeswehr Gewehr
bei Fuß stehen, um die Macht der mächtig gemachten Kreaturen zu
brechen, sofern diese auf 'die Falschen' losgehen. Die deutsche
Staats-Gewalt muß so weit reichen wie die Geschäfte, die von ih-
rer Heimat ausgehen.
"Mehr Verantwortung" für Deutschland will also sagen: Es wird
ernst gemacht mit der Gleichung, daß der staatliche Auftrag zur
Benutzung der Welt für den Profit des Kapitals ohne überlegene
Militärgewalt und kriegerische Eingriffe nicht zu machen ist.
Der Staat braucht so viel G e w a l t, wie er
G e s c h ä f t s erfolg hat. Diese Kombination ist das, was man
Imperialismus nennt oder: das Rezept für
W e l t h e r r s c h a f t.
"Kein Hilfssheriff" mehr = ein Konkurrent der USA!
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Eine Weltherrschaft gibt es schon. Und die USA wollen sie auch
behalten. Das haben sie gerade jetzt nachhaltig demonstriert mit
ihrem Kriegsaufmarsch am Golf und der Art, mit der sie alle Welt
auf ihre Linie gegen Saddam kommandieren. Doch aus der Zentrale
des neuen Deutschland werden neue Töne laut. "Wir sind nicht die
Hilfssheriffs der Amerikaner", heißt es. Und d e s w e g e n
lassen "wir" uns durch unser altes Grundgesetz noch ein letztes
Mal einen Bundeswehreinsatz jenseits unserer Grenzen verbieten.
Komisch. War die deutsche Rolle eines loyalen Verbündeten der
westlichen Führungsmacht nicht immer der Beweis, daß die Rechts-
nachfolger Adolf Hitlers "ihre Lektion gelernt haben" (Kohl)? Und
war es nicht geradezu das pazifistische Gütesiegel der unschuldi-
gen BRD, daß sie der US-Army großzügig das Monopol auf Erledigung
der "Drecksarbeit" überlassen hat? Das ist vorbei und zu verges-
sen. Jetzt, wo wir die Amis nicht mehr brauchen zum "Schutz" vor
dem bösen Feind im Osten, steht Deutschland a u c h a l s
M i l i t ä r macht ganz anders da in Europa und der Welt. Die
alte "Arbeitsteilung" gilt so nicht mehr. Das souveräne
Deutschland strebt nach Gleichrangigkeit mit seiner alten Füh-
rungsmacht; nicht bloß in der ökonomischen Konkurrenz, sondern
gerade auch in den weltpolitischen Gewaltfragen. Großdeutschland
ist sich als H i l f s sheriff zu schade, weil es sich zum
S h e r i f f berufen weiß.
Oder anders: Warum dementiert der deutsche Außenminister dreimal
pro Woche den deutschen Willen zu m e h r M a c h t? Eben:
Weil er genau das beansprucht und weiß: Das schafft Ängste bei
der Konkurrenz.
Ein "europäisches Deutschland" =
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eine deutsche Vormacht in, mit, durch und über Europa!
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Vor Deutschland braucht schon deswegen niemand Angst zu haben, -
sagt der Kanzler -, weil es "bloß die Z e n t r a l m a c h t
E u r o p a s sein will". Wie bescheiden!
Nebenbei rechnet der Kanzler furchtbar gerne vor, daß dieses
"gemeinsame Europa" 350 Millionen Bürger zählt. Was will er uns
damit sagen? Daß China dreimal so viele Menschen hat? Nein:
Interessant ist, daß Europa m e h r Leute zusammenbringt als
d i e A m e r i k a n e r. Das Gemeinte ist nicht zu überhören.
Mit Europa ist die Änderung des bisherigen Kräfteverhältnisses
zwischen den Nationen der kapitalistischen Welt angesagt. Im
Bunde mit den anderen EG-Nationalisten haben "wir Deutsche" das
Zeug - Menschenmaterial und Wirtschaftspotential -, also auch das
Recht, die Aufteilung der Welt zu revidieren.
Mit Europa nimmt der deutsche Nationalchef Maß an der Vorherr-
schaft Amerikas. "Unsere europäischen Nachbarn" kommen dabei auch
vor. Die dürfen sich freuen, daß sie nicht schon wieder un-
terjocht, sondern respektiert werden. Als M i t m a c h e r,
die sich danach richten, was ihnen ihr stärkstes Glied zu ihrem
Wohle befiehlt.
"Hilfe für die befreiten Völker im Osten" =
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Beförderung Osteuropas zum deutschen Hinterland!
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Und der Rest? Daß der sozialistische Ostblock zerbrochen ist,
durften wir schon feiern. Als Beweis für Güte und Erfolg unseres
menschlichen Kapitalismus. Jetzt sorgt die eingeführte Markt-
wirtschaft dort für den Verfall des Rests an funktionierender
Wirtschaft, für die Verelendung der Massen und den ökonomischen
Ruin der befreiten Staaten. Und die deutschen Volksvertreter
erklären ihrem Volk, daß das ein Grund zur Freude, weil ein wei-
terer Fall für "unsere Verantwortung" ist. Der Zerfall Osteuropas
erhält seine Zukunftsperspektive in Form von Hungerhilfe aus un-
serem vorbildlichen EG-Westen. "Keine Wohlstandsgrenze durch Eu-
ropa" - verkünden die, die den Ruin der Volkswirtschaften drüben
kräftig mit herbeigeführt haben. Gemeint ist: keine Grenzen mehr
für die Herrschaft des westlichen Kapitals. Die Gelegenheit ist
günstig, der Zerfall macht empfänglich. Wer zahlt, schafft an.
Spendiert wird nichts, die DM will verdient sein. Wie geht das?
Indem man der DM dient!
So vergibt die Nation einen weiteren Großauftrag an sich. Land
und Leute im Osten Europas bekommen eine neue Schutzmacht. Sie
sind fest eingeplant - für ihre Verwandlung in einen großen Hin-
terhof deutscher Wirtschaftsmacht. Auch der will dann natürlich
kontrolliert sein, damit niemand jemals wieder deutsche Interes-
sen bedroht. Eine eigene EG-Ordnungsstreitmacht mit mobilen Ein-
greiftruppen ist schon im Expertengespräch. Alles klar? Einige
Um- und Aufrüstung muß uns der neue Frieden schon wert sein, der
von deutschem Boden ausgehen soll.
"Deutsch-sowjetische Freundschaft" =
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in Rußland gibt es viel zu holen!
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Die deutsche Zuständigkeit macht an der Grenze zur Sowjetunion
nicht halt. Im Gegenteil. Jedes Kind weiß es inzwischen: Die re-
formierten Sowjets setzen auf nichts so sehr wie auf "DM-Hilfe".
Sie verhökern ihre Weltmacht gegen Devisen wie die Zonen-Landser
der Roten Armee ihre Kalaschnikoff gegen DM. Die Presse verkün-
det: "Panzer gegen Spaghetti". Das können wir gut leiden, wenn
die Russen so blöd sind, Nahrungsmittel für wichtiger zu halten
als militärische Macht. Dafür bekommt Gorbatschow einen Freund-
schaftsvertrag geschenkt. Klar, aufpassen müssen wir immer noch,
weil man ja nie weiß, was aus dem Chaos wird, das Gorbis Pe-
restroika anrichtet. Aber immerhin beweisen die Russen ihre Ein-
sichtigkeit, indem sie aufs "europäische Deutschland" (Kohl)
bauen wollen und neidisch sind auf sein System. Ein Feind in dem
Sinn sind die Russen nicht mehr.
Was sind sie dann?
Aus Bonner Sicht: Ein zerfallendes Reich mit einer Unmenge Boden-
schätze in Sibirien, die auf geschäftliche Verwertung warten.
Eine Atommacht dicht vor der Selbstaufgabe, deren Völkerschaften
auf eine starke Hand warten. Eine Weltmacht, die hungert und
friert und auf deutsche Einmischung setzt. Also noch eine, eine
ganz besonders große Herausforderung. Wozu? Dazu, den Russen bei-
zubringen, wie man nach der Pfeife der D-Mark tanzt; und gleich
auch noch dazu, die politische Landkarte der Sowjetunion vom Bal-
tikum bis zum Kaukasus umgestalten zu helfen. (Neulich sind wir
damit ja nicht ganz fertig geworden ...)
"Kosten der Einheit" = Investitionen in deutsche Macht
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Das sind die Ziele der neuen Nation. Sie eröffnen lauter neue
Fronten. Wirtschaftliche, politische und militärische.
D a f ü r braucht Deutschland viel mehr Macht als bisher. Damit
die wächst, braucht es Reichtum; ebenfalls viel mehr als bisher
schon. Damit der herkommt, braucht es einen Boom in den Westzonen
und eine funktionierende Ostzone - denn die ist nun wirklich
nicht angegliedert worden, um ihre Einwohner glücklich zu machen.
Dieser Landstrich ist dazu da, den Exportweltmeister und Häupt-
ling Europas n o c h w u c h t i g e r zu machen - d a z u
sollen die 100 Milliarden DM Staatskredit den "Anstoß" geben. Das
sind sie, die "Kosten der Einheit".
Und damit die ihr segensreiches Werk tun, braucht es
"Solidarität" = Opfer hüben und drüben
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Nämlich ein gesamtdeutsches Volk, das sich nützlich machen läßt,
von seinen "Arbeitgebern", und dem Staat die "Kosten der Einheit"
erstattet. Also willige und billige Arbeitskräfte in Ost und
West; noch willigere und billigere als bisher.
Den nationalen Dienst, den sie fordern, nennen die Regierenden
"Solidarität" und "Pflicht zum Teilen". Damit jedermann weiß, daß
es Opfer gibt - die eingemeindeten Zonis s i n d die ersten Op-
fer, die alteingesessenen D-Mark-Löhner/West haben sie zu
b r i n g e n - und daß Einwände dagegen sich nicht gehören.
(Wenn sie trotzdem aufkommen, sollen sie an die Adresse der je-
weils anderen Volksgenossen gehen - dafür ist das moralische Ge-
quatsche von wegen "Solidarität" auf alle Fälle gut, daß ein
braver Deutscher weiß, wem er seine Opfer übelzunehmen hat ...)
*
In diesem Sinne darf am 2.12. gewählt werden. Ganz frei, geheim
und gleich. Die Gewählten freuen sich schon.
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