Quelle: Archiv MG - ASIEN AFGHANISTAN - Vom heiligen Krieg des Westens
zurück Münchner Hochschulzeitung, 27.05.1987 Das staatliche Museum für Völkerkunde präsentiert:SCHON IN DER 23. WOCHE - KULTUR IM GRENZBEREICH - SCHÖNE LEICHEN AUS AFGHANISTAN
Die militärische Unterstützung der afghanischen Regierung durch die SU hat der Westen zum Anlaß genommen, das "Ende der Entspan- nung" und damit die Vorweltkriegszeit gegenüber dem "Reich des Bösen" einzuläuten. Während die praktische Abteilung über die Ausrüstung ansässiger oder importierter "Bergvölker" mit Kriegs- gerät abgewickelt und dem ins Visier genommenen Hauptfeind ein Kriegsschauplatz im eigenen Einflußbereich beschert 'wW <?>, widmet sich die demokratische Öffentlichkeit an der i d e o l o- g i s c h e n Front der passenden Feindbildpflege: Seitdem Mudschahedin für die famose Sache der Freiheit ins Gras beißen und dabei ein paar Russen mitnehmen, kultiviert der demokratische Geschmack die L i e b e z u m a f g h a n i s c h e n V o l k, haben anständige Bürger hierzulande zwar keine Ahnung über den Grund des Krieges und die Zwecke der ihn führenden Parteien, aber dafür die richtige Meinung und jede Menge Respekt für die Stammeskrieger "am Hindukusch". Und was einige hundert Kilometer weiter westlich im Iran als "religiöser Fanatismus" und "Rückfall in das Mittelalter" gilt, weiß man in Afghanistan als "Freiheitswille" und "Unbeugsamkeit eines kleinen Volkes" zu schätzen. Wer sich in dieser Dummheit noch zusätzlich gehen lassen will und seine Vorstellung vom heldenmütigen Kampf des Freiheitsdurstes gegen "die gewaltige Übermacht der sowjetischen Militärmaschinerie" mit Sachmaterialien anreichern möchte, dem hilft das Staatliche Museum für Völkerkunde weiter: "Da bei uns Kenntnisse über das Land, seine Menschen, deren Kul- tur und Lebensweisen trotz aller Berichte über den Krieg, die Leiden der Zivilbevölkerung und das riesige Flüchtlingselend mehr als mangelhaft sind, zeigt das Staatliche Museum für Völkerkunde München in Zusammenarbeit mit in- und ausländischen Fachleuten eine Ausstellung über dieses asiatische Bergland." (Alle Zitate aus der Ankündigung der Ausstellung) "Krieg", "Leiden der Zivilbevölkerung" und "Flüchtlingselend" ge- ben den allerbesten Grund dafür ab, sich die "Geschichte, Kultur und Lebensweisen" der Opfer zu Gemüte zu führen eben weil sie vom Westen zu Trägern des "natürlichen", weltweiten Strebens nach "Freiheit" ernannt wurden. Die Organisatoren haben das Bedürfnis, die westliche Feindschaftserklärung an die SU als persönliches Erlebnis des "eigentlichen" Afghanistans zu g o u t i e r e n, bei ihrer Gestaltung der Ausstellung voll in Rechnung gestellt und diese als den nationalistischen Spaß inszeniert, dem Besucher die unnatürlichen "Eingriffe der Russen" in das "Wesen" der afghanischen "Kultur "vorzuführen: - "Kern der Ausstellung" ist ein rekonstruierter "Originalbazar, der von den Ausstellungsbesuchern voll und ganz begangen werden kann" - was ja für sich schon sensationell ist, aber noch dadurch gewinnt, daß just dieser Bazar in Taschkurghan der "gewaltsamen Zerstörung durch die Sowjetarmee" zum Opfer gefallen ist. Anhand vier großer Farbfotos von den Ruinen kann man seine geheuchelte Betroffenheit über den mit "aller Härte geführten Krieg" genie- ßen. - Die paar armseligen Produkte des täglichen Gebrauchs und des "kunsthandwerklichen Schaffens" soll man unter fachmännisch - völkerkundlicher Anleitung als "Ausdruck der reichhaltigen Kultur Afghanistans" interpretieren. Zwar ist dem Hinweis, daß dort "Streichhölzer" eine "wesentliche Rolle für den Alltag" spielen, zu entnehmen, daß diese "reichhaltige Kultur" recht dürftige Le- bensumstände einschließt. Der Ausstellungsführer samt Anhang fin- den jedoch entschieden interessanter, daß die fast schuhkarton- großen Schachteln mit den Hölzern aus der UdSSR stammen: "Entfremdung!" - Die Auskunft, daß der "Standard der Textilindu- strie relativ niedrig" sei, ist angesichts des Augenscheins ei- gentlich überflüssig. Aber die historische "Hintergrund"information, daß schon zu Zeiten der Zaren Rußland durch Importe jede Verbesserung verhindert habe, sorgt auch bei der Unterwäsche für die gewünschte "Einsicht": "Die Russen" malträtieren "Afghanistan". - Schließlich erfährt der Besucher noch etwas über die ausgefal- lenen Vergnügungen "der Bergvölker am Hindukusch", das Reiter- spiel Buzkashi (= Ziegenziehen): "Seit der kommunistischen Macht- übernahme in der Hauptstadt kann dieses größte Volksfest Afghani- stans nicht mehr durchgeführt werden" - woran man sieht, daß so- gar die Liebe zum Tier hinter der zu "Afghanistan" zurückstehen muß. Solchermaßen mit "Kenntnissen" über "das Land und seine Men- schen" aufgerüstet, kann man sich der überhaupt nicht "zusätz- lichen Schau" der "Hilfsorganisationen aus Deutschland, der Schweiz, Österreich, den Niederlanden und Dänemark" widmen, die sich die griffigen Titel "Afghanistan liberte" bzw. "Afghanistan - vergiß es nie" verpaßt haben. Ihre "Hilfe" besteht in der Beschwörung, daß der Westen doch nicht länger abseits stehen dürfe, und befördert wird - sie mit Farbbildern im Posterformat, an denen sich der Antikommunismus an blutenden Kindern, ver- stümmelten Leichen und gräßlichen Wunden en detail sattsehen darf. Daneben sind in einer Glasvitrine garantiert verbrecheri- sche, weil russische Granaten und Bomben zu bewundern, und auch die Spendenkontos für den deshalb "humanitären" Einsatz von "Sanitäter für Afghanistan" zum Zusammenflicken der "Frei- heitskämpfer" fehlen nicht. Wem das noch nicht genügt, der kann sich auf Glanzpapier über den "Ablauf eines Hinterhalts der Mudschahedin auf einen sowjetischen Versorgungskonvoi" informie- ren und seine gar nicht klammheimliche Freude über die dabei er- zielten Abschußquoten mit den Veranstaltern in die entsprechende Hoffnung auf die NATO kleiden: "Es bleibt zu hoffen, daß die Regierungen und Massenmedien des Westens nicht weiterhin tatenlos diesem Morden der UdSSR zusehen." zurück