Quelle: Archiv MG - AFRIKA UGANDA - Von Idi Amins Erben
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MSZ 3/80
Uganda
MACHTKAMPF UM AMINS ERBE
Ein knappes Jahr, nachdem tansanische Truppen "ein gepeinigtes
Volk von einem blutigen Tyrannen befreit" haben, darf in der
"Süddeutschen Zeitung" beinahe "jeder Ugander" sagen: "Unter Idi
Amin war es besser." Während der Einsatz ausländischer Truppen
für den Machtwechsel in anderen Gegenden des Erdballs als "schwe-
rer Bruch des Völkerrechts" gegeißelt wird, selbst wenn man
vorher z.B. dem Pol-Pot-Regime Völkermord vorwarf, erfreute sich
Julius Nyereres "Befreiungstat" uneingeschränkten Beifalls in der
Freien Welt und der von ihm eingesetzten Regierung wurde wohlwol-
lend die Absicht zugestanden, "ein neues Uganda aufzubauen."
Die Herrschaft in Uganda...
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Inzwischen wird den schon wieder alten Herren in Kampala der
herbe Vorwurf gemacht,
"es fehle wohl auch der politische Wille, der für anderes verwen-
det wird... Viel zu wenige Transportmittel... Trotzdem fand die
Regierung das Geld, 107 Mercedes 230 und 280 für Minister und
Spitzenbeamte zu bestellen." (Frankfurter Rundschau)
Dabei ist der hier zum Ausdruck kommende politische Wille ein
eindeutiger: So baut man in der Republik Uganda seine Herrschaft
in landesüblicher Weise aus, konsolidiert sie und genießt ihre
Früchte. Schließlich hat man nach langen Jahren des Exils und des
Ausschlusses von den Pfründen der Macht immer einiges nachzuho-
len. Die "De-Aminisierung" von Politik und Wirtschaft des Landes
besteht folglich in der Neuaufteilung dessen, was Big Daddy bei
seinem Abzug ins libysche, mittlerweile saudische Exil zurückge-
lassen hat.
Nichts ist daher weiter hergeholt, als die journalistische Be-
fürchtung, nach dem jüngsten Postenwechsel, der den Präsidenten
Binaisa unter Hausarrest stellte und eine Militärkommission ins
Amt setzte, drohe "dem Land nun Bürgerkrieg". In Uganda, wo eine
Handvoll Soldaten genügen, um Regierungsgebäude, Sender, Post und
die hauptstädtischen Kasernen zu besetzen und den jeweiligen
Häuptling abzusetzen, geht auch dieser "Machtkampf" ohne aktive
Beteiligung der "Bürger" über die Bühne, Idi Amin zum Beispiel
stürzte seinen Vorgänger Obote anläßlich eines Staatsbesuchs im
Ausland wegen einer von ihm rechtzeitig bemerkten
"Strategie Obotes, sie (Amin und die Seinen) für immer vom Zugang
zu Macht, Reichtum und Status auszuschließen." (Handbuch der
Dritten Welt)
Die "programmatischen Differenzen" zwischen Amins "islamisch-
afrikanischer Revolution" und Obotes "Move to the left" verdanken
sich lediglich importierten Ideologien, mit denen Obote und Amin
ihren souveränen Einsatz der Herrschaft zur Bereicherung des je-
weiligen Sippen- und Stammesklüngels weniger den eigenen Unterta-
nen als dem beobachtenden Ausland optisch günstig zu verkaufen
versuchten. Das jeweilige Etikett kann dabei beliebig ausge-
tauscht werden: so warf der Katholik Amin dem gestürzten Obote
den "Bruch aller zehn Gebote" vor, jagte die den Handel beherr-
schenden Asiaten aus dem Land und konvertierte anschließend zum
Islam, um sich von Libyens Ghadafi für die gekürzte britische
"Entwicklungshilfe" entschädigen zu lassen. Der "linke Obote" be-
schimpfte Amin aus dem Exil als "Bolschewik" und versprach im
Falle seiner Rückkehr den enteigneten indischen Händlern volle
Kompensation.
Nach dem Sieg der Tansanier über Amins Armee geht es um die Kom-
pensation der Sieger für den Verdienstausfall während der langen
Jahre des Ausschlusses von der Macht. Die diversen "Befreiungs-
bewegungen", die mit der Nyerere-Armee einmarschierten, haben
sich bislang "nicht in die im Entstehen begriffene ugandische
Armee integriert", zu der Binaisa seine persönliche Garde ernannt
hatte, sondern betreiben in Konkurrenz zu dieser und den
hungrigen Soldaten der Besatzungsmacht die Aufteilung von Land
und Besitz. Die Staatsgewalt des Herrn Binaisa agierte dabei als
Partei unter anderen, und der Präsident verlor seinen Posten,
weil sein Versuch, die Konkurrenz auszuschalten, deren Vereini-
gung gegen ihn zustandebrachte. Die jetzt regierende
"Militärkommission" kann sich auf das Wohlwollen der Besatzungs-
macht stützen, weil Binaisa durch Kontakte mit der kenianischen
Konkurrenz das Mißtrauen Tansanias erweckt hatte.
...und ihr Preis
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Die Rolle des "befreiten Volkes" bei diesem Kampf um die Macht
der "Befreier" sieht entsprechend aus:
"Die Reste der Amin-Armee, die in den Südsudan und nach Kenia
flüchteten, fielen über die Dörfer her und nahmen mit, was nicht
niet- und nagelfest war, plünderten die bescheidenen Vorratskam-
mern ... Die nachsetzenden tansanischen und exilugandischen Ein-
heiten, denen ein funktionierendes Nachschubsystem fehlte, be-
sorgten den Rest und nahmen, was Amins Soldaten übriggelassen
hatten." (Frankfurter Rundschau).
Amin versorgte seine Soldaten mit geraubtem Land, quartierte
seine Offiziere in den Villen der ausgewiesenen Asiaten ein und
sicherte sich damit die "heiße Liebe" seiner Stammesgenossen. Die
"Befreier" ihrerseits sichern sich ihren Nachschub, wo es was zu
holen gibt, rauben den Bauern selbst noch das Saatgut, so daß auf
diese Weise bereits zwei Ernten ausfielen und den "Befreiten"
eine Hungersnot ins Haus steht.
Nicht einmal der Krieg findet in Ländern wie Uganda so statt, wie
es sich fürs zivilisierte Schlachten gehört: die völkerrechtliche
Unterscheidung zwischen niederzumachenden feindlichen Soldaten
und "Nichtkombattanten" drückt nämlich das Interesse "entwickel-
ter Staaten" an der Benutzung der Bürger aus. Solcherlei Rück-
sichten sind in Uganda unbekannt, weil die Eingeborenen in ihrer
Masse weder für die Erringung noch für die Erhaltung der
Staatsmacht gebraucht werden, also nutzloses Opfer der Herrschaft
sind, und die paar Pflücker für die unter europäischer Regie be-
triebenen Kaffee- und Baumwollplantagen des Landes sich allemal
auftreiben lassen. Die Herrschaft finanziert sich aus den Zuwen-
dungen ausländischer Interessenten, aus den Kommissionsprozenten,
die der Zentralgewalt für den Abtransport landwirtschaftlicher
Produkte und der eher spärlichen Kupfervorkommen zufließen, so
wie aus einer sogenannten Kopfsteuer in Naturalien, mit der sich
in Friedenszeiten die unteren Chargen genauso über Wasser halten,
wie gegenwärtig die marodierenden Truppen der "Befreiungsarmeen".
Die einzige Alternative zum Dahinvegetieren fürs einfache Volk
ist der Staatsdienst, der sich in diesen Breiten auf den Gewalt-
apparat beschränkt: Das Soldatsein - bei uns vor allem als
P f l i c h t aufgefaßt und verbunden mit dem V e r z i c h t
- ist in Uganda ein Privileg, das das Überleben zumindest solange
sicherte, als der Stammeschef auch oberster Staatshäuptling war.
Leider ist es inzwischen wieder einmal einem Staatsmann in Uganda
nicht gelungen, die Konkurrenz und die ausländischen Interessen-
ten davon zu überzeugen, daß er der einzige "Garant der Stabili-
tät in Uganda" sei. Binaisas Coup, mit dem Angebot von Wahlen die
Konkurrenz aus dem Exil nach Kampala zu locken, ist fehlgeschla-
gen, und die Wahlen sind vorerst aufgeschoben, bis es eine der
Fraktionen geschafft hat, sie wirklich als Akklamation ihrer ab-
gesicherten Herrschaft auszurichten, die Kombination von Erpres-
sung und Kauf des Stimmviehs ihr also exklusiv zur Verfügung
steht.
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