Quelle: Archiv MG - AFRIKA TUNESIEN - Staat in Nordafrika
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Bochumer Hochschulzeitung, 31.01.1984
"HUNGERAUFSTÄNDE" IN MAROKKO / TUNESIEN UNTER KONTROLLE
Nicht, daß unsere freie Presse irgendwas verschweigen würde. Das
Elend der Massen in den Neckermann-Ferienparadiesen Tunesien und
Marokko wird schon mal zum Thema, wenn "Unruhe" entsteht in einem
solchen Land. Und daß die dortigen Herrscher (Bourgiba bzw. Has-
san II.) "in die Menge schießen" ließen, was ein paar Hundert
Leuten das Leben kostete, konnte man auch erfahren.
Natürlich sind solche Vorfälle kein Grund dafür, prinzipielle
Einwände gegen das dortige "System" zu erheben - immerhin handelt
es sich ja um pro-westliche Regime, mit denen sogar eine ge-
deihliche militärisch-strategische Kooperation läuft (Mr. Wein-
berger hat erst jüngst die Waffenlieferungen der USA an Marokko
beträchtlich aufgestockt). Und schließlich ist ein Mangel an
Weihnachtslametta, den der freie Journalismus in den Kaufhäusern
des Ostblocks aufgespürt hat, doch wirklich ungleich menschen-
feindlicher als allgemeiner Hunger und rücksichtsloses Nieder-
schlagen jeden Protests. Und wer weiß - bei allem Mißtrauen der
Profi-Durchblicker gegenüber offiziellen Erklärungen aus Tunis
und Rabbat -, ob die "Unruhen" nicht doch vor allem mit
"kommunistischer Infiltration" oder "orthodox-islamischem Fana-
tismus" zu tun hatten?
Da macht es auch nichts, wenn man in 'seriöseren' Blättern mitun-
ter sogar einen Hinweis darauf findet, wer die drastischen Brot-
preiserhöhungen bzw. Lebensmittel-Subventionsstops angeregt hat:
nämlich Internationaler Währungsfonds IWF und Weltbank, die in
solchen Maßnahmen einen "vernünftigen Beitrag zur Lösung der Ver-
schuldungskrise" anvisieren (sogar Andeutungen, wie solch eine
"Überschuldung" zustandekommt, kann man seiner Zeitung entnehmen:
so ist laut FAZ vom 25.1. der Preis des Exportartikels Marokkos
(Rohphosphat) in den letzten Jahren um 1 Drittel gefallen - wer
diesen Preis wohl bestimmt?); "Schuld" an derlei "bedauerlichen
Mißständen" ist nämlich im Zweifelsfall der "ungeschickte" Innen-
minister, der den Preiserhöhungsbeschluß (der internationalen
Kreditbehörden) "zu abrupt" und unter "falscher Einschätzung" der
zu erwartenden Unzufriedenheit im Volk durchboxen wollte.
Insofern also: ein herzliches "Schade drum"! an die Opfer der
freiheitlichen Profitordnung aus der Feder bundesdeutscher Welt-
beobachter. Aber die "Stabilität" unserer Freunde draußen in der
Welt kostet nun mal ihren Preis!
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