Quelle: Archiv MG - AFRIKA RSA - Republik Südafrika
zurück Tübinger Schulzeitung, 10.10.1985 DiskussionWAS WILL DER FREIE WESTEN VON DEN RASSISTEN IN SÜDAFRIKA?
Ob aus "christlicher Grundüberlegung", aus der Anerkennung der Menschenrechte, aus demokratischer Moral, oder einfach überhaupt: Staatsmänner wie Staatsbürger (also immerhin so unterschiedliche Charaktere wie Herrscher und Beherrschte) der freien westlichen Welt sind sich darin einig, daß alle Menschen gleich sind und deswegen eigentlich w e g e n i h r e r H a u t f a r b e nicht nachteilig behandelt werden dürfen. Die Republik Südafrika (RSA) mit ihrer Apartheid versündigt sich an diesem westlichen Grunddogma also laufend. Diese Kritik an den Buren am Kap der Guten Hoffnung will also we- der was davon wissen, wie die Neger dort ökonomisch ausgenutzt werden, geschweige denn an ihrer Armut etwas aussetzen. Darum geht es überhaupt nicht. Den Negern soll ein Ding zugedacht wer- den, wovon man sich auch in der RSA nichts kaufen kann: etwas mehr W ü r d e - es sind schließlich auch M e n s c h e n. Der hierzulande gern gepredigte Idealismus vom Recht der Neger auf demokratische(re) Behandlung kennt also in seinem Lob westli- cher Herrschaftsmaßstäbe e i n h ö c h s t e s R e c h t: das der ganzen Welt, nach diesen Maßstäben regiert zu werden. Ein ziemlich imperialistischer Gedanke. Der gefällt natürlich den M a c h t h a b e r n d e r N a- t i o n e n, in denen demokratisch regiert wird besonders - weil er ihre Z u s t ä n d i g k e i t für die Überprüfung und Sortierung der Regierungen der ganzen Welt so schön ins Recht setzt. Wenn ihnen also jetzt die Neger einfallen, die keine ande- ren Ohnmachtsaufstände machen und keine andere Behandlung erfah- ren als die letzten 30, 40 Jahre - wenn ihnen also ausgerechnet jetzt die Apartheid der Neger einfällt als "Grund" der "Überlegung", Südafrika Sanktionen zu präsentieren oder nicht, um diese Überlegung dann gleich wieder abzuschließen mit dem Argu- ment, sie wollen die dortige Regierung nicht schwächen, das schade letztlich den Negern am meisten: was wollen diese verheu- chelten Anspruchsteller der RSA dann bedeuten? 1. sind sie mit den inneren wie äußeren Verhältnissen, also der Regierung und ihren Schlächtereien innen wie außen sehr zufrie- den. Eine Änderung war konkret ja nicht verlangt, der Regierung Botha war das Vertrauen ja ausdrücklich zugestanden. 2. will die auf dieser Grundlage geäußerte Kritik nichts anderes ausdrücken als den noch unbedingteren Anspruch der westlichen Mächte auf die Verfügbarkeit ihres Vasallen als Kettenhund (sprich "Ordnungsfaktor") in der Region und als Lieferant wich- tigster Rohstoffe. Mal wieder hat der Westen auf die feine diplomatische Art einer befreundeten Regierung klargemacht, daß sie für seine Politik Mittel zu sein hat. In diesem Falle ganz konkret: Der Westen will über alle Resultate der Apartheid frei verfügen. Die diversen Kriege der Rassisten machen die Region für den Westen frei. Die Rohstoffe braucht e r - umstandslos. Wofür wohl? Daß es sich also um ein Stück k o n k r e t e Zurichtung des eigenen Lagers als zu benutzenden Kriegsfaktor gehandelt hat, will außer uns niemand bemerkt haben. Warum eigentlich? Weil sich alle Welt (siehe oben) über das P r i n z i p einig ist: Auch die Neger gehören ganz und gar dem Westen! Eine schöne Per- spektive hier wie dort! zurück