Quelle: Archiv MG - AFRIKA RSA - Republik Südafrika
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24.01.1988
Streiks bei Daimler in Südafrika:
WO NICHT UM RECHTE, SONDERN UM LÖHNE GESTRITTEN WIRD,
DA HÖRT DAS VERSTÄNDNIS FÜR DIE SCHWARZEN AUF
"So nicht, meine Herren Neger!" lautet der Tenor der Kommentare
zu den jüngsten Streiks der schwarzen Arbeiter in der Lackiererei
in East-London. In der Tat, haben die sich etwas herausgenommen,
was überhaupt nicht in "unser Bild" von den durch die Apartheid
geknechteten schwarzen Südafrikanern passen will. Die wollen ja
nicht nur ein paar Rechte - die es hier schon gibt! Die wollen
nicht nur eine ordentliche Gewerkschaft, die aufpaßt, daß die
Ausbeutung rechtmäßig verläuft - wie es sie hier gibt. Die wollen
nicht nur eine Wahlstimme und einen gleichfarbigen Repräsentanten
im Parlament - wie sich dies für eine ordentliche Demokratie ge-
hört, die darauf Wert legt, sich bei jedem Griff ins Portemonnaie
auf die Wählerstimmen berufen zu können. Die "Herren Neger" wol-
len plötzlich etwas, was nicht einmal hier erlaubt ist: S i e
w o l l e n s c h l i c h t u n d e i n f a c h m e h r
G e l d! Und da hört bei Daimler - egal ob im südafrikanischen
East-London oder in Bremen, egal ob von schwarzen oder von weißen
Lohnarbeitern vorgetragen - endgültig der Spaß auf. GENTZ, von
der Geschäftsleitung, hat denn auch sofort den passenden Ver-
gleich bei der Hand: Eine kleine Gruppe von "Ruhestörern hindere
die Mehrheit an der Arbeit "und "mache die Fabrik immer unregier-
barer". (WK) Die Gleichungen sind happig: Jemand, der befindet,
sein Lohn reiche nicht für seinen Lebensunterhalt, ist ein Ruhe-
störer, ja fast schon ein Terrorist, der die "Regierung der Fa-
brik" untergräbt. So möchten die Herren vom Vorstand in der Tat
ihre Fabriken sehen: Wie ein Staat mit willigen Untertanen, die
der Regierung aus der Hand fressen, so soll auch die Fabrik orga-
nisiert sein. Und jeder, der sich etwas n i c h t gefallen
läßt, der ist dann automatisch ein Staatsfeind. Das ist hierzu-
lande leider gar kein frommer Wunsch der Geschäftsleitung mehr:
Ansprüche, die hier g e g e n das G e s c h ä f t von Daimler
in Sachen Lohn und Leistung gestellt werden, sind immer schon als
Angriff auf "unsere Wettbewerbsfähigkeit", auf "unser Wirt-
schaftswachstum", also als nationales Verbrechen verurteilt.
Diesen Schuh haben sich die schwarzen Lackierer noch nicht ange-
zogen! Vernünftigerweise! Weswegen ihnen einerseits der K o l-
l e k t i v r a u s w u r f droht, gegen den die sonst immer so
"solidarische" IG Metall bislang nicht einmal eine verbale
Protestnote rausgelassen hat. Weswegen andererseits das öffentli-
che V e r s t ä n d n i s hierzulande für ihren Streik aus-
bleibt. Kein Wunder: Nur wenn der Streik von Schwarzen in Süd-
afrika sich als gute R e k l a m e f ü r d i e h i e s i-
g e n V e r h ä l t n i s s e benutzen läßt, dann ist die
Öffentlichkeit und die Gewerkschaft voll des Lobes über ihn. Wenn
der Streik von Schwarzen aber Ziele hat, die geradezu ein Schlag
gegen die öffentlich vorbereitete Lohnverzichtspolitik der hie-
sigen Betriebe ist, dann ist Schluß mit dem verlogenen Lob. Dann
sind Schwarze "Ruhestörer" und Kommunisten.
Nebenbei: Wem es, so stellt also die Geschäftsleitung von
D a i m l e r - B e n z fest, um die Verbesserung seiner Lebens-
lage geht, der kommt - ob schwarz oder weiß - am Kommunismus
nicht vorbei. Vielen Dank, meine Herren, für diese Klarstellung!
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