Quelle: Archiv MG - AFRIKA RSA - Republik Südafrika
zurück
MSZ 4/85
Internationale Heimatkunde: Die Republik Südafrika (RSA)
LAND AUF GOLD UND BANTUS -
EIN ERLESENES PRODUKT KAPITALISTISCHER LOGIK
Erhellende Daten
----------------
"Staat im Süden Afrikas, 1.211.037 qkm; 28,5 Mio. Einwohner, da-
von 4,6 Mio. Weiße. Hauptstadt ist Pretoria, Sitz des Parlaments
Kapstadt."
"Im Innern ist das Land eine 900-1.200m hohe, eintönige, nur von
spitzen Bergkuppen (Spitzkopjes) oder Höhenzügen unterbrochene
muldenförmige Hochebene, die nach außen zu der etwa 1.800m hohen,
in den Drakensbergen des Basutolandes hochgebirgsartigen Rand-
stufe ansteigt. Diese, nur auf wenigen Pässen schwer überschreit-
bar, fällt nach der schmalen, stark zerteilten Küstenabdachung
steil ab.... Das Klima ist subtropisch mit verhältnismäßig kühlen
Sommern, milden Wintern, starken täglichen Temperaturschwankun-
gen.... Dürren sind häufig.... im SW herrschen Hartlaubgewächse
vor (Kapflora). Die einst sehr reiche Tierwelt ist fast ausgerot-
tet oder in Wildschutzgebiete zurückgedrängt (Krüger-National-
Park). Die weiße Bevölkerung besteht zu etwa 54% aus Buren, zu
etwa 41% aus Engländern, die farbige zum größten Teil aus Bantu,
ferner aus Hottentotten und Indern. Die Volksdichte ist gering,
dichter besiedelt sind Witwatersrand und Natal. Die Scheidung
zwischen Weiß und Schwarz ist sehr scharf. Die Weißen bilden die
Oberschicht und haben einen hohen Lebensstandard (Apartheid)."
(dtv-Lexikon)
Regelmäßige Tagesmeldung
------------------------
Südafrika, ein "gefährliches Pulverfaß" - 113 tote Schwarze bei
Unruhen in Soweto, neue Beweise für die unverbesserliche Sturheit
des "kolonialistischen und anachronistischen" Burenstaats - Ge-
schäftsbeziehungen zwischen der BRD und Südafrika weiter verbes-
sert - die 97. UNO-Resolution gegen "Menschenrechtsverletzungen"
in der RSA beschlossen; bemerkenswert: USA und Großbritannien
enthalten sich n i c h t der Stimme - "Früchteboykott" ohne
Folgen - Botha beim Papst...
Die Republik Südafrika mag hierzulande bekannt sein durch den
Krüger-Rand und einen Wildpark gleichen Namens, durch den diaman-
tenen Stern von Afrika, bei einigen vielleicht auch über Howard
Carpendale - seinen hohen Bekanntheitsgrad verdankt dieses Land
aber vor allem der Apartheid. Seit über dreißig Jahren versorgen
offizielle und inoffizielle Stellen die aufgeklärte Menschheit
mit Klagen und Anklagen ob dieses Systems dort, das gegen die
Menschenrechte verstößt. Zwar ist der Umgang mit den Negern sonst
in Afrika nicht weniger zimperlich, zwar ist das beschissene Los
aller Schwarzen auf ihrem dunklen Kontinent jedem bekannt. Im Bu-
renstaat aber deckt man eine extra Gemeinheit im Umgang mit den
afrikanischen Eingeborenen auf. Zwar hält hierzulande niemand
viel von den Negern, nicht einmal der Studienrat von der GEW, der
heftig dafür eintritt, daß Neger auch Menschen sind. Aber eine
Empörung über das Apartheid-System, das den schwarzen Menschen
ohne Rechte läßt und wie Vieh behandelt, will schon sein. Dabei
weiß jeder um die Heuchelei westlicher Regierungen, die einer UN-
Resolution gegen Südafrika zustimmen und gleichzeitig die flotten
Geschäfte mit der RSA ausbauen. Auch die Tatsache, daß die west-
liche Welt eigentlich nur um die politische Stabilität - natür-
lich auf westlicher Seite - im südlichen Afrika besorgt ist,
könnte zu denken geben. Bei all dem aber hält sich hartnäckig die
Lüge, die in den Anklagen zum Ausdruck kommt: Das Apartheids-Pro-
gramm des Kap-Staats stehe in fundamentalem Gegensatz zu den
Prinzipien der freien Marktwirtschaft und ihrer demokratischen
Staatsform. Dagegen heißt die frohe Kunde, die das Land der Wei-
ßen im Süden Afrikas praktisch vermeldet und auch vermelden kann:
Das ökonomische und politische System der RSA ist ein lupenreines
Produkt der Anwendung der im Freien Westen gültigen kapitalisti-
schen Maßstäbe.
Nicht nur eine Goldgrube
------------------------
Südafrika ist überaus reich an Bodenschätzen. Sein Anteil an den
Weltreserven der Mineralien (Kohle, Diamanten, Gold, Mangan, Pla-
tingruppe, Chrom-Erze, Uran etc.) nimmt Spitzenplätze ein; nur an
Erdöl fehlt es. Das gleiche gilt für den Abbau dieser Rohstoffe
und seinen 'Beitrag' zur Weltproduktion. Über 50% der jährlichen
Welt-Goldproduktion werden in Südafrika gefördert und erbringen
über die Hälfte der Exporteinnahmen dieses Landes. Der zweitwich-
tigste Devisenbringer ist Kohle. Und doch sind die vorhandenen
Rohstoffe für sich nicht der Grund dafür, daß Südafrika mit sei-
ner Wirtschaftsmacht ganz Restafrika zusammengenommen in den
Schatten stellt und sich auch sonst auf dem Weltmarkt sehen las-
sen kann. Südafrika ist mehr als ein Anbieter von Rohstoffen, der
sich auf Gedeih und Verderb den Preisen der Nachfrager zu unter-
werfen hätte. Der Burenstaat besitzt eine entwickelte Landwirt-
schaft, deren Produkte bei Verkauf im Inland - es gibt dort einen
Binnenmarkt -, im schwarzafrikanischen Umfeld und auf dem Welt-
markt einen Überschuß erzielen über die Produktionskosten. Kapi-
talistische Unternehmer in Sachen Landwirtschaft produzieren für
den Verkaufsgewinn auf dem Markt und kalkulieren dementsprechend.
Aus solchen lohnenden Geschäften bezieht der Staat dort seine
Steuern und nicht wie sonst üblich in Bananenstaaten einen Ab-
schlag aus dem Ausverkauf von Ackerbau und Viehzucht an den al-
lein preissetzenden Weltmarkt oder an ausländisches Kapital, das
sich konkurrenzlos der fruchtbarsten Böden bemächtigen darf.
Nicht anders verhält es sich mit der Industrie - Südafrika hat
eine. Zwar spielt auch heute noch der Abbau und Export der Mine-
ralien an ausländische Interessenten, von deren Preisen man so
abhängig ist, eine bedeutende Rolle. Aber eine Wirtschaft wie die
Südafrikas, die eine Eisen- und Stahlindustrie, Edelmetallverar-
beitungsfabriken, Glas- und Textilindustrie, eine chemische,
Druckerei-, ja sogar eine elektronische Industrie usw. besitzt,
hat sich relativ unabhängig von den erzielten Preisen ihrer na-
türlichen Rohstoffe gemacht und kann mit diesen natürlichen Wer-
ten ganz anders ökonomisch rationell kalkulieren als eine Wirt-
schaft, der ohne eigene Industrie auch eine Kapitalakkumulation
in einer angesehenen eigenen Währung abgeht. Daß Südafrika mit
Kohleverflüssigungsanlagen (deutsches Patent!) 50% seines Erdöl-
bedarfs abdeckt, also die ökonomische Abhängigkeit von diesem
dort fehlenden Rohstoff halbiert hat (Erdölvorräte vor der Kapkü-
ste stecken noch in der Phase der Entdeckung), gehört auch in
dieses Kapitel kapitalistischen Fortschritts bei den Rassisten am
Kap der Guten Hoffnung. Dieselben "anachronistischen" Rassisten
besorgen gewinnbringend so gut wie das ganze Transportwesen des
gesamten südlichen Afrika. Die Rüstungsindustrie ist auch nicht
gerade die eines Entwicklungslandes. Sie haben eine Währung, den
Rand, bei der international nicht einfach abgewunken wird: Hinter
der Tatsache, daß dieses Ding für gut DM 2,- bzw. 80 US-Cents
stabil gehandelt wird, steht in erster Linie eine nationale Akku-
mulation in dieser Währung. Hinzu kommt der glückliche Umstand,
daß im Lande das Weltgeld als Bodenschatz überreichlich vorhanden
ist und abgebaut wird.
Kurz und gut: Südafrikas Wirtschaft ist zwar nicht zu vergleichen
mit den USA, den Europäern und den Japanern, aber relativ konkur-
renzfähig im Weltmaßstab ist sie schon, mag sie auch nur weniger
als 100 Milliarden Rand Wirtschaftskraft vorzuweisen haben. Die
verstockten Buren haben sie konsequent angewandt. Ein nicht unwe-
sentlicher Grund für ihren wirtschaftlichen Erfolg ist nämlich,
daß sie anhand des Rechenstabes "kapitalistisches Wertgesetz" den
Wert der rund 24 Millionen Schwarzen ihres direkten Einflußge-
biets (Wertdifferenzierungen bei den "Coloureds", den Indern,
Asiaten und gleichgearteten Mischlingen bis zu den japanischen
"Ehrenweißen" selbstverständlich eingeschlossen) und den Wert der
Neger der Staaten des Umfelds ziemlich genau ausgerechnet haben.
Die Frage, die diese Rassisten rationell beantworten (weswegen
sie auch gar nicht verstehen können, weshalb man sie als solche
beschimpft), lautet einfach: Wie sind diese Neger besonders nutz-
bar und nützlich für das kapitalistische Geschäft, und wie muß
man aufgrund dieser Wertschätzung ökonomisch und politisch mit
ihnen umgehen?
Das eigentliche - schwarze - Gold: Lohnsklaverei
------------------------------------------------
Das Verfahren der jungen Burenstaaten im 19. Jahrhundert, bei den
Eingeborenen eine Kopf- oder Hüttensteuer zu erheben, ist längst
für unnütz erklärt. Heute a r b e i t e n Millionen Schwärze in
Minen, Fabriken, landwirtschaftlichen Betrieben und im Dienstlei-
stungsgewerbe - f ü r L o h n. Daran ist nicht so sehr bemer-
kenswert, daß eine ausgiebige Ausbeutung der schwarzen Arbeiter
für Niedrigstlöhne stattfindet. Wo auf der Welt wäre denn wohl
das Gegenteil der Fall? Das Besondere an diesem Lohnarbeitsver-
hältnis besteht in der Konsequenz, mit der das kapitalistische
Gesetz befolgt wird, daß nur die Verausgabung der A r b e i t s-
k r a f t interessiert und nur für diese ein Geld gezahlt wird.
Die Abstraktion vom Menschen, mit dem ja irgendwie seine
Arbeitskraft zusammenhängt, und von seinen Interessen und
Bedürfnissen ist total. Seine Vernutzung dementsprechend billig.
In Südafrika herrscht ein System kapitalistischer Lohnsklaverei.
Die Vorteile beider Ausbeutungsverhältnisse fürs Geschäft werden
gekonnt miteinander verbunden, ohne daß deren jeweilige Unkosten
anfallen. Füttert der Sklavenhalter sein Arbeitsvieh, um es bei
Kräften zu halten, so kümmert die Buren die Erhaltung der Ar-
beitskraft einen Dreck. Es gibt ja genug schwarze Reserven, die
zwar nicht zum Verkauf anstehen, aber in ihrer Mittellosigkeit
genötigt sind, sich zu verdingen. Das ist auch schon die ganze
anerkannte Freiheit, die sie besitzen, das einzige Recht, das ih-
nen gewährt wird. Für die Erhaltung der Brauchbarkeit der schwar-
zen Arbeiterklasse - was hierzulande 'Segnungen des Sozialstaats'
heißt, obwohl der Staat sie nicht gerade uneigennützig eingerich-
tet hat - wird dort unten kein Rand "umverteilt", nachdem er gar
nicht erst eingesammelt wurde (wovon auch!). Als zur Gesellschaft
gehörige Arbeiterklasse, zu der auch ihre Arbeitslosen und Alten,
nicht zuletzt ihre nützliche Rolle als braves Untertanen-Volk ge-
hören, werden die Schwarzen dort gar nicht gehandelt. Ihr ganzer
gesellschaftlicher Wert besteht in der billigen Benutzung ihrer
Arbeitskraft, ansonsten sollen sie sehen, wie sie in den Gettos
der Vorstädte oder in den, "homelands" genannten, schwarzen Kon-
zentrationslagern mit Staatsstruktur mit s i c h (sonst haben
sie ja nichts) fertig werden. Die Verantwortlichen Südafrikas
sind sich sicher, daß ihre Neger ihre nützlichste Funktion für
die Gesellschaft dann erfüllen, wenn sie rechtmäßig und geogra-
phisch im wörtlichen Sinne von dieser Gesellschaft getrennt ge-
halten werden. Sie sollen Neger bleiben, obwohl sie es schon gar
nicht mehr sind, weil sie für Lohnarbeit benutzt werden und ohne
die nichts vermögen. Sie sollen Lohnarbeiter sein, aber dabei
nicht ihren Charakter als eingeborene Neger aufgeben. Das geht
so:
- Ein Konkurrenzvergleich mit der weißen Arbeiterschaft ist den
Schwarzen verboten. Letzteren stehen per "Job Reservation" die
qualifizierteren und höher dotierten Arbeitsplätze zu; füllen sie
gleiche Tätigkeiten aus wie die Schwarzen, so liegt ihr Gehalt
meilenweit über dem Sold der Neger. Ausnahmen von dieser gesetz-
lichen Regel, wie sie z.B. bei europäischen Firmen dort vorkommen
oder beim Konzern Chairman H.F. Oppenheimers angestrebt werden,
sind dem Interesse des Kapitals geschuldet, über ein wenig
Gleichbehandlung aller Arbeiter das Niveau der Löhne der Weißen
zu drücken. Auch die Forderung nach einer Fachausbildung der
Schwarzen verfolgt das Ziel, sich von den nur begrenzt vorhan-
denen oder besser: zu teuren weißen Facharbeitern unabhängig zu
machen.
- Schwarze Gewerkschaften, Streiks sowieso, sind gesetzlich un-
tersagt und werden mit den Rezepten des Polizeistaats behandelt.
Geduldete schwarze Firmen-Gewerkschaften in einigen europäischen
Niederlassungen sollen für Ruhe an der Arbeitsfront sorgen. Zuge-
standene Lohnerhöhungen von bisweilen 20% für die schwarzen Ar-
beiter beweisen bei den Hungerlöhnen als Ausgangspunkt und bei
der Inflationsrate das Gegenteil einer Reform des Lohnsystems,
dessentwegen das Industrieland Südafrika für deutsche Firmen z.B.
so interessant ist.
- Arbeitskleidung wird den Lohnsklaven gestellt; das Kantinenfut-
ter kostet Lohn, ebenso ihre zeitweilige Unterbringung in Neger-
Kasernen, soweit sie nicht täglich in ihre Homelands abdampfen
müssen. Denn nach getaner Arbeit haben sie aus der Zivilisation
zu verschwinden. Dafür sorgt die Paßgesetzgebung. Südafrikas
Schwarze haben ständig ein "Referenzbuch" mit sich zu führen, das
nicht ihre Staatsbürgerschaft in der RSA ausweist, sondern Ar-
beits-, Aufenthalts- und Steuernachweis enthalten und monatlich
vom Arbeitgeber abgezeichnet werden muß. Fehlt dem Schwarzen eine
Referenz, wird er als Krimineller behandelt. Ein Wohnrecht in ei-
nem Township erwirbt, wer 11 Jahre lang kontinuierlich in einer
weißen Stadt seine Arbeitskraft verschlissen hat. Dies auch die
einzige erlaubte Form der Familienzusammenführung. So besteht die
Bevölkerung der Townships aus Schwarzen mit eigener Blechhütte,
aus solchen mit zeitweiliger Arbeitserlaubnis, aus illegal dort
lebendem Subproletariat (fast ein Euphemismus für die Lage dort),
das jederzeit mit Razzien und Abtransport rechnen muß, an dem
aber südafrikanische Alkoholfirmen noch verdienen.
- Das sind die politisch-ökonomischen Härten, die den Schwarzen
widerfahren. Daß es ihnen auch noch verwehrt ist, sich neben
einen blöden, stinkenden Weißen auf eine Parkbank setzen zu dür-
fen, ist dagegen relativ harmlos. In der "petty Apartheid"
(kleine Apartheid) hat sich die Ideologie des Systems der Benut-
zung der Neger konsequent verselbständigt.
Der politische Preis: Terror
----------------------------
Die Republik Südafrika verfügt neben der Unterklasse der Schwar-
zen, die sie nicht zu ihren Untertanen zählt -
"Die einzige Grundlage für die Anwesenheit des Bantu im Weißen
Gebiet ist der Verkauf seiner Arbeitskraft und sonst gar nichts"
(Botha) -,
über ein Staatsvolk im klassisch kapitalistischen Sinne, eine
weiße Kapitalisten- und eine weiße Lohnarbeiterklasse. Und der
Staat kann sich nicht nur bei der besitzenden Klasse seiner Un-
terstützung gewiß sein. Die ökonomische und politische Sonder-
stellung, die den weißen Lohnarbeitern eingeräumt wird, hat sie
zu glühenden Verfechtern des Staats-Systems werden lassen, die zu
ihren Ausbeutern halten und höchstens auf die Barrikaden gehen,
wenn angeblich ihre privilegierte Sonderstellung gegenüber den
"Kaffern" auf dem Spiele steht bei irgendeiner sogenannten Moder-
nisierung, wo einem Neger ein Facharbeiterzeugnis ausgestellt
wurde. Es scheint der arbeitsfähigen weißen Bevölkerung auch fast
nichts auszumachen, daß sie neben der Arbeitskraft auch ihre Per-
son für die Funktionen der staatlichen Gewaltmaschinerie zur Ver-
fügung zu stellen hat, und nicht zu knapp (Wehrbereitschaft bis
zum 61. Lebensjahr; 2 Jahre Wehrdienst, die folgenden 8 Jahre 3
Monate Militärdienst jährlich). Immerhin müssen 5 Millionen Weiße
minus Kindern und Opas über 20 Millionen Schwarze in Schach hal-
ten mit Polizei und Militär (bis auf die Ausnahmen, wo es für ef-
fektiver gehalten wird, wenn schwarze Soldaten oder Polizisten
ihre Brüder niederknüppeln). Dazu kommen noch die Kriege gegen
die Anrainerstaaten.
Es ist ja auch kein Geheimnis, wie die paar Weißen mit der zah-
lenmäßigen Übermacht der Schwarzen fertigwerden - durch Terror,
wozu sie wegen ihrer Mittel das Recht haben. Den Negern dagegen
fehlt das Mittel der Gegenwehr. Eine ökonomische Macht besitzen
sie nicht, da Staat und Kapital auf die jeweils beschäftigten
schwarzen Arbeiter nicht angewiesen sind. Machen sie die Schnauze
auf, werden sie zusammengeschossen und abtransportiert. Das
schafft Arbeitsplätze für andere Neger, die ihre Not in die Ar-
beit zwingt.
Und der illegale Kampf, wie ihn der verbotene ANC (African Natio-
nal Congress) führt, ist ohne ausländische Unterstützung und bei
der Staatsgewalt zum Scheitern verurteilt. Der Staatsterrorismus
macht nämlich ganze Sache dort im Buren-Staat. Opposition ist für
diesen so gut wie Kommunismus, und ein demonstrierender Neger
oder einer, der an der falschen Stelle rumläuft, ist es erst
recht. Das "Gesetz zur Unterdrückung des Kommunismus" von 1950
(mit dem die völlig bedeutungslose KP Südafrikas verboten wurde)
erklärt für staatsfeindlich
"alle Doktrinen und Systeme, die eine politische, industrielle,
soziale oder wirtschaftliche Veränderung in Südafrika durch das
Hervorrufen von Unruhe und Disziplinlosigkeit bewirken wollen,
sei es durch gesetzwidriges Handeln oder Unterlassungen".
Also werden Schüler, die kein Afrikaans lernen wollen, auf ihren
Versammlungen zusammengeschossen; Führer des ANC oder verbotener
Gewerkschaften zu Tode gefoltert; Streik-Ansammlungen mit Muni-
tion auseinanderdividiert. "Festnahmen zum Verhör" (ohne vorlie-
gende Tat) sind an der Tagesordnung. Das Militär bringt Schwarze
zur Ruhe, die gegen ihre bevorstehende Umsiedlung aus ihrem Getto
in schwarze Reservate demonstrieren. Dann kommen die Lastwagen
und Bulldozer, die das Regional weißeln. In den Homelands mit den
Kauderwelsch-Namen, damit jeder Neger weiß, welchen Stammes sein
Vaterland ist, werden die Abtransportierten abgestellt. Für die
schwarzen Reservate sind die besten Wüsteneien ausgesucht, echte
schwarze Häuptlinge stehen ihnen als Ministerpräsidenten vor und
setzen vornehmlich den Terror der RSA eigenständig fort - das
Staatsbudget liefert der Burenstaat. Denn daß die so Versammel-
ten, deren Paß schon vorher im weißen Gebiet auf dieses Homeland
lautete, sich im Reservat mit Subsistenzwirtschaft am Leben er-
halten könnten, was sie aber sollen, glaubt nicht einmal Südafri-
kas Vize-Außenminister Louis Nel:
"SPIEGEL: Die progressive weiße Opposition im Parlament hat für
das Jahr 2000 die Prognose gestellt, daß dann Millionen Schwarze
in den ländlichen Gebieten, vor allem den Bantustans, ums Überle-
ben kämpfen werden, weil die Menschen ja wegen der Apartheids-Ge-
setze nur bei Nachweis eines Arbeitsplatzes ins weiße Südafrika
kommen dürfen. Wie wollen sie das ändern?
NEL: Wir hatten in den letzten Jahren eine schreckliche Trocken-
heit, darunter haben weite ländliche Gebiete nicht nur in Süd-
afrika, sondern in ganz Afrika schwer gelitten. Zum Glück hat er
kürzlich stark geregnet, das sollte die Situation in den Ban-
tustans günstig beeinflussen." (Spiegel, 22/1984)
Eine sichere Prognose für die Fortsetzung von Hunger, Verbrechen,
Mord und Totschlag in den Homelands, für die Fortsetzung der Ver-
suche, illegal in die Gettos der weißen Städte zurückzukehren.
Dort die Aussicht auf Hunger, Verbrechen, Mord und Totschlag; auf
den Terror der Staatsgewalt, die einen dann wieder heim ins Home-
land verfrachten wird usw. Gemäß der Theorie des früheren Chef-
theoretikers der Buren, des deutschen Anthropologen Dr. Werner
Max Eiselen:
"Alle Bantus haben ihre feste Heimat in den Reservaten. Ihr Über-
tritt in andere Regionen und Stadtgebiete ist lediglich von vor-
übergehender Natur und geschieht aus wirtschaftlichen Gründen."
Befriedung des südlichen Afrika <?> Wenn wegen des polit-
ökonomischen Systems der Benutzung der schwarzen Arbeitskraft
jeder Schwarze, sofern er nicht gerade seine Knochen bei der
Arbeit verschleißt, in der RSA als Fremdkörper, Staatsfeind und
potentieller Kommunist behandelt wird, dann muß der Burenstaat
souveräne Negerstaaten am Rande oder mitten im Territorium der
Republik per se für eine Gefährdung der eigenen Souveränität und
ihres Systems halten - solange er sie nicht fest im Griff hat.
Bei Lesotho (von RSA-Staatsgebiet umschlossen), Swasiland (im
Nordosten, an Mosambik angrenzend) und Botswana im Norden
(zwischen Namibia und Simbabwe gelegen) ist das voll und ganz
gelungen. Ohne Südafrika läuft da und können die königlichen
Statthalter nichts. In einer Wirtschafts-, Währungs- und
Zollunion mit diesen "BLS-Staaten" ist die totale ökonomische
Abhängigkeit von der RSA abgesichert. Der Bergbau, soweit neben
einer impotenten Landwirtschaft vorhanden, liegt eh in den Händen
südafrikanischer oder europäischer Firmen. Eine stattliche Anzahl
Wanderarbeiter versetzt diese Staaten für die RSA in den Status
von Homelands zweiten Grades. Der südafrikanische Geheimdienst
"Bureau of State Security (BOSS)" paßt in diesen souveränen BLS-
Staaten darauf auf, daß (südafrikanische) Befreiungsbewegungen
dort keine Nester finden.
Eine neue, von Südafrika als gefährlich angesehene Lage trat ein,
als in Rhodesien und in den portugiesischen Kolonien Mosambik und
Angola die befreundeten Herrschaften abgelöst wurden. Während
sich die Beziehungen zu Simbabwe mit Nachdruck schnell als pro-
blemlos herausstellten, da dieses auf Wirtschaftsbeziehungen mit
der RSA angewiesene Land auch unter Mugabe seine Partnerschaft zu
Südafrika fortsetzte, waren die sozialistischen Regime in Mosam-
bik und Angola eine einzige Herausforderung für den Buren-Staat,
der sowieso jeden Schwarzen, der ein wenig auf Selbstbestimmung
sinnt, für einen Kommunisten hält - sogar wenn er Bischof ist und
Tutu heißt. Südafrika hat diese Herausforderung entschieden ange-
nommen. Eigentlich hätte es dafür gar nicht mehr der diplomati-
schen Begründungen bedurft: daß in Mosambik der ANC unterstützt
wird und Unterschlupf findet, daß in Angola der SWAPO Namibias
(Südwestafrika behandeln die Buren selbstverständlich weiter als
ihr Staatsgebiet) dieselbe Hilfe zuteil wird; daß überhaupt in
beiden Staaten ideologisch und handgreiflich der Weltkommunismus
auf dem Vormarsch ist und im Sinne des Weltfriedens des westli-
chen Imperialismus bekämpft gehört. Südafrika hat nicht erst in
Washington oder bei der NATO angefragt, sondern sich selbstbewußt
die Freiheit genommen, Angola und Mosambik zu zeigen, daß ohne
Wohlwollen, also Kontrolle des Kapstaats die schwarzen Soziali-
sten ihre Hoffnung auf einen eigenständigen Staat aufgeben kön-
nen. In Mosambik wurde die Terrororganisation Renamo gegen die
dortige Regierung instand gesetzt. Kommandounternehmen der regu-
lären südafrikanischen Streitmacht vervollständigten das Destabi-
lisierungsprogramm gegen die Macht in Maputo. Gegen Angola wurde
und wird genausowenig auf die staatliche Souveränität auch nur
ein Rest von Rücksicht genommen: offene Unterstützung der UNITA;
Feldzüge stoßen bis zu 200km aufs fremde Territorium vor; man
weist stolz zwei gefangene Russen vor. Alle (westliche) Welt hat
es gewußt, daß die Waffenstillstandsabkommen mit Mosambik und An-
gola (mit denen der ANC und der SWAPO die Operationsgrundlage
entzogen wird) herbeigeschossen und -gebombt wurden, also einen
Akt der Unterwerfung der Souveräne von Angola und Mosambik unter
die Gewalt des Burenstaats darstellen. "Die werden uns brauchen"
(Vize-Außenminister Nel). Und doch haben es sich die Freunde der
Menschenrechte und Gegner der Apartheid nicht nehmen lassen, Ver-
wunderung zu heucheln über die gelungene "Friedensinitiative" der
"verkrampten" Buren. Das Bild vom Außenminister Botha, der dem
sozialistischen Negerpräsidenten Machel die Hand schüttelt, ging
um die Welt, als Beweis für die erfolgreiche "Übung in Bismarck-
scher Realpolitik". Dabei hat niemand an dem gezweifelt, was
jetzt zutage tritt: daß Südafrika die Waffenstillstandsabkommen
als Mittel einsetzt, um die letzten "Frontstaaten" zu homelands
dritten Grades zu machen.
Daß paßt alles wunderbar zusammen: Die ausgiebige Nutzung der Ar-
beitskraft der Schwarzen und die westliche Empörung über den feh-
lenden Stimmzettel am schwarzen Arbeitskittel. Die Beschwerden
über den menschenunwürdigen Terror gegen die Neger und die Sorge
um die Stabilität dort unten. Meldungen über ein Waffenembargo
gegen die RSA und über 30-prozentige Steigerungen des Rüstungs-
haushalts derselben RSA. UNO-Resolutionen gegen Verletzungen der
Menschenrechte durch Südafrika und Appelle, den Vormarsch der
Russen in Afrika zu stoppen. Das haben die Buren natürlich mitbe-
kommen, daß sie als Frontstaat des Imperialismus am Kap Konjunk-
tur haben, also im Recht sind.
Die Republik Südafrika
----------------------
gibt es übrigens schon sehr lange und sie hat sich in der langen
Zeit kaum geändert. Und das soll daran liegen, daß die Buren Ne-
ger nicht leiden können? Das glauben wir nicht. Noch einmal: Süd-
afrika ist ein Spitzenprodukt der freien Marktwirtschaft und ih-
rer imperialistischen Konsequenzen.
Bild ansehen
'Bantustans': Heimstatt für Arbeitskräfte
***
Westliche Modernisierungen des Staatsterrorismus
------------------------------------------------
"LE GRANGE (Polizeiminister der RSA): Die festgenommenen Leute
sollen uns nur sagen, war sie über Vergehen gegen die Staatssi-
cherheit wissen. Wir brauchen diese Präventivmaßnahmen, um unsere
innere Sicherheit aufrechtzuerhalten. Länder der westlichen Welt
haben ähnliche Gesetze. Das Prinzip ist weder neu noch ungewöhn-
lich. ...
Wir haben in den letzten Jahren jede Methode untersucht, wie Auf-
stände auch ohne den Verlust von Menschenleben beigelegt werden
können. ... Wir haben einige unserer Spitzenbeamten ins Ausland
geschickt... Wir sollten die Namen der Länder nicht erwähnen -
unsere Beamten studierten Techniken bei der Bewältigung von
Unruhen in der westlichen Welt, verschiedene Waffen, Munition und
Geräte wie die 'Niesmaschine', Gummigeschosse und was es sonst so
gibt. Sie schauten sich die dort benutzten Masken, Schlagstöcke
und Schilde an.
SPIEGEL: ... Warum gleich Tränengas, warum scharfe Schüsse und
'Sjamboks' genannte Peitschen aus Hartgummi?
LE GRANGE: Wir haben die 'Sjamboks' durch leichtere 'Sjambokkies'
ersetzt. Und über die beschweren sich Leute, die von der Polizei
geschlagen wurden, nur ganz selten. Der Schlag damit schmerzt
nicht wirklich, doch verursacht die 'Sjambokkie' eine Art Stich.
Danach läßt sich der Betroffene nicht mehr mit eine Polizisten
ein." (Spiegel 9/1985)
zurück