Quelle: Archiv MG - AFRIKA LIBYEN - Weltterrorist Nr. 1?


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       Bochumer Hochschulzeitung, 22.04.1986
       

REAGAN: "WIR HABEN EIN EINZIGES GEFECHT IN EINEM LANGEN KAMPF GEGEN DEN TERRORISMUS GEWONNEN!"

1. Die USA wollen sich fremde Gewaltakte einfach nicht mehr bieten lassen Sie nennen das Terrorismus: "Durch Untätigkeit das Abschlachten amerikanischer Zivilisten und amerikanischer Soldaten zu ignorieren ist schlicht und einfach kein Teil amerikanischer Tradition." Jetzt schlachten die Amis gleich zehnmal soviele Zivilisten und Soldaten Libyens ab - und die US-Regierung kabelt dem libyschen Volk: "Wir haben nichts gegen das libysche Volk, aber solange es den Befehlen des Oberst Gaddafi gehorcht, muß es die Konsequenzen tragen." Genauso sehen Gaddafi und die Palästinenser, die er beherbergt, die Sache auch: Auch sie haben nichts gegen Amerikaner, aber so- lange US-Boys die Befehle Reagans ausführen, US-Militärberater Israel aufrüsten und den vertriebenen Palästinensern die Heim- statt verweigern, solange ist diese lebende Machtbasis der US-Po- litik eben Zielscheibe von Angriffen. Beide Seiten machen das so; in jedem Krieg sterben die "Unschuldigen" (Präsidenten und Ge- neräle werden dafür viel zu gut bewacht!). Bei Gaddafi ist das- selbe ein verabscheuungswürdiges Verbrechen, was bei Reagan gutes Recht, ja heilige Pflicht ist: "Wir haben getan, was wir tun mußten. Wenn nötig, werden wir es wieder tun." 2. Die USA üben Selbstverteidigung - weltweit "Wann immer unsere Bürger auf direkten Befehl eines feindlichen Regimes mißhandelt oder angegriffen werden, gleich an welchem Ort dieser Welt, werden wir reagieren, solange ich im Oval Office sitze." Wer hat eigentlich von den USA verlangt, daß sie ihre Soldaten und Zivilisten an jedem Ort dieser Welt aufstellen? Wenn sie weltweit (mit Ausnahme der Länder des Warschauer Pakts) mit überlegenen militärischen Kräften "Präsenz" demonstrieren und diese Macht einsetzen wenn nötig, um kooperationsbereite Regie- rungen zu erzwingen und die ganze Welt für die Freiheit kapitali- stischer Geschäfte herzurichten, brauchen sie sich nicht zu wun- dern, wenn sie sich Feinde machen und wenn Staaten oder politi- sche Bewegungen, die sich von der Ami Macht- und Wirtschaftsord- nung nichts versprechen können, US-Einrichtungen und ihre Besat- zungen angreifen. Das Recht auf Selbstverteidigung an jedem Punkt dieser Erde - nur ein anderes Wort für US - Weltherrschaft! 3. Polizeiliche Kontrolle über jeden Erdenwinkel - der Rechtsan- spruch der USA "Ich warnte ihn, daß es keinen Platz auf Erden geben werde, wo Terroristen sich verbergen und sich in ihren tödlichen Praktiken üben können." Daß sich richtige Staaten dem Herrschaftsanspruch des Westens wi- dersetzen, haben die Amis - außer im Fall der Sowjetunion - längst kriegerisch beseitigt: - Im Vietnam-Krieg, in dem die USA das kleine Land "in die Stein- zeit zurückbombten" (General Westmoreland) haben sie gezeigt, was es kostet, kein Freund der kapitalistischen Weltordnung zu sein. Die Vietnamesen haben daraufhin kaum noch Nachahmer gefunden. - In unzähligen Kriegen in Afrika, Asien und Südamerika lassen die USA von Söldnern oder US-finanzierten Nachbarstaaten alle die Länder mit Krieg überziehen, die nicht voll auf dem antisowjeti- schen NATO-Kurs liegen. - In 4 Nahostkriegen haben die Araberstaaten gelernt, daß der auf Terror und Eroberung gegründete Judenstaat, weil er die USA samt NATO hinter sich hat, einfach immer mehr Gewalt organisieren kann, als alle seine Gegner zusammen. Die Araberstaaten haben ihre praktizierte Feindschaft gegen Israel aufgegeben. Geblieben sind die vertriebenen Palästinenser, die - gewissermaßen privat, also mittel- und chancenlos - versuchen ihren Wunsch nach einem eigenen Staat auf der Tagesordnung der Weltpolitik zu halten. Mit Anschlägen, die nur noch symbolisch drohen können, bringen sie sich in Erinnerung. Daß sich kein Staat mehr offenen Krieg und klare Bestreitung der US-Weltordnung traut, macht die Amis nicht etwa zufrieden, son- dern nur umso anspruchsvoller: War es in den 70er Jahren, in denen es auch nicht weniger terroristische Anschläge der Palästi- nenser gegeben hatte, wichtig, daß Ägypten seine Feindschaft zu Israel aufgab - mit den Anschlägen konnte man damals ganz gut le- ben -, so darf es nach US-Willen heute auch keine Privatleute und Gruppen mehr geben, die gegen die USA und ihre Stellvertreter handeln können. Allen Staaten wird es zur Pflicht gemacht, aktiv die Feinde Amerikas im Innern zu verfolgen und ihre Organisatio- nen zu zerschlagen. Länder, die ihre Gewalt nicht gleich in den Dienst der USA stellen, und z.B. im Nahen Osten palästinensische Gruppen beherbergen, gelten als Förderer des Terrorismus, selber als Terroristen, und werden mit US-Krieg kleingemacht. "Aber diese wenngleich gewaltsame Mission kann rechtschaffene Männer und Frauen einer sicheren und geschützten Weft näherbrin- gen." Und diese sichere Welt ist dann verwirklicht, wenn es nur mehr die Gewalt der NATO - und US-Armeen auf der Welt gibt. 4. Die Russen sollen sich raushalten! Die Sowjetunion sei "vorher informiert" und zum Stillhalten auf- gefordert worden, die Aktion sei nicht gegen sie gerichtet, sie brauche sich nicht betroffen zu fühlen -, heißt es aus Washing- ton. Natürlich ist sie betroffen! Wenn ein Land, das die So- wjetunion zu ihren Partnern zählt und das sie mit Waffen ausrü- stet, von den USA bombardiert wird, dann steht die sozialistische Weltmacht in Frage: ihre Fähigkeit, ihre Verbündeten vor Angrif- fen des Systemgegners zu schützen, steht auf dem Prüfstand, und ihre militärischen Verbindungen und Bastionen außerhalb der eng- sten Blockgrenzen sind in Gefahr. Schließlich ist der weltweite US-Kampf "gegen den Terrorismus" die Bestreitung der sowjetischen Weltmacht a u ß e r h a l b des Territoriums des Warschauer Paktes, also v o r und u n- t e r h a l b des großen Krieges. Als Terrorismus, als verbre- cherische Gewalt wird doch alles definiert, was in Nicaragua oder El Salvador, in Kambodscha oder auf den Philippinen, in Syrien oder Libyen an kommunistischen oder auch bloß antiamerikanischen Aufständen und Anschlägen, oder Verteidigungsanstrengungen falscher Regierungen noch existiert. Alle Positionen, die wegen ihrer Feindschaft zu den USA auf Russenhilfe ebenso angewiesen sind, wie sie diesen eine Infragestellung amerikanischer Macht erlauben, sind jetzt von den USA zum Abschuß bestimmt: Durch Ab- räumen der Russenfreunde rund um den Globus begradigt man vor dem großen Krieg die Front und macht die Einkreisung der Russen und ihrer Verbündeten lückenlos. Dabei soll die Sowjetunion friedlich zusehen und sich "nicht be- troffen fühlen"! 5. Die USA haben den Frieden beendet Die USA haben den seit 1948 währenden Dauerkrieg gegen die sozia- listische Ausnahme in ihrer marktwirtschaftlichen Welt satt: sie wollen diesen Krieg entscheiden! Zig Kriege und noch mehr Umsturz falscher Regierungen haben die Mächte des freien Westens in den 40 Jahren des sogenannten Friedens mit ihren Geheimdiensten und über Stellvertreter geführt - und jetzt paßt das den USA nicht mehr! Die Stellvertreterkriege die Israel gegen antiamerikanische Araberstaaten führte, die die US-Gruppe 'Unita' in Angola und die muslimischen Fanatiker in Afghanistan, die 'Contras' in Nicaragua und Sihanuks Leute in Kambodscha führen, genügen den Amis nicht mehr, denn sie schädigen, schwächen und zerrütten die revolutio- nären Staaten und Regierungen, aber sie beseitigen sie nicht. Die Stellvertreterkriege hatten es auch der UdSSR erlaubt, ihre Seite mit Waffen und Militärberatern, zur Not mit kubanischen Soldaten zu unterstützen und so den Sieg der westlichen Söldner zu verhindern. Im Falle Libyens haben die USA einen Übergang gemacht: Sie regeln die Sache nicht mehr über Stellvertreter, sondern selber, d.h. sie wollen mit dem ganzen Prestige und Willen der Weltmacht Nr. 1 die Entscheidung; und darin liegt das Verbot gegen die Russen, mitzuhalten. Gegen die USA haben die Stellvertreter der UdSSR keine Chance. Sie selber ist herausgefordert und von den Amis zur Kapitulation aufgefordert! Die USA sind zum Weltkrieg mit den Russen bereit und überlassen es diesen - durch Rückzug - Frieden zu wahren. 6. Noch will sich die Sowjetunion n i c h t p r o v o z i e r e n l a s s e n - dafür wird sie von den Bundesdeutschen gelobt und vor ihren Bündnispartnern als schlechter Schutz und Papiertiger entlarvt. *** Außenminister Shultz, der zusammen mit Verteidigungsminister Weinberger Kongreß-Mitglieder über die Entwicklung in der Libyen- Krise informierte, hat die Meinung vertreten, daß ein Teil der Verletzten in Libyen schauspielere. Teilnehmer des Gesprächs be- richteten, Shultz habe an einer Stelle, als er über Verletzte un- ter der Zivilbevölkerung gefragt wurde, gesagt: "Nun, wir haben im voraus gewußt, daß sie all diesen Leuten Bandagen verpassen würden." (Süddeutsche Zeitung vom 18. April 1986) zurück