Quelle: Archiv MG - AFRIKA ALLGEMEIN - Hungertod in 24 Staaten


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       Münchner Hochschulzeitung, 06.07.1990
       
       Maismehl, Kupfer und IWF:
       

SAMBIA BLEIBT KREDITWÜRDIG

In Sambia hat die Bevölkerung gegen eine drastische Erhöhung des Maismehlpreises protestiert. Die Regierung des christlichen Prä- sidenten Kaunda verhängte daraufhin eine Ausgangssperre, ließ 20 Demonstranten erschießen und unter massivem Truppeneinsatz die öffentliche Ordnung wiederherstellen. Soweit die Ereignisse, wie sie unserer Presse berichtenswert erscheinen. Der Zeitungsleser erfährt außerdem noch folgendes: "Die Verdopplung des Preises für Maismehl war von internationalen Finanzinstituten und Gläubigerländern als Teil eines wirt- schaftlichen Gesundungsprogramms für Sambia empfohlen worden. Ma- ismehl ist das Grundnahrungsmittel breiter Bevölkerungsschichten und wurde bisher von der Regierung subventioniert." (Süddeutsche Zeitung, 28.6.) Eine kleine Nachricht, die lauter Rätsel aufwirft: Was hat die Verdopplung des Maismehlpreises mit einer wirtschaftlichen Gesun- dung Sambias zu tun? Subventionen, wer kriegt sie, worin bestehen sie, was machen die Empfänger mit dem Geld? Hunger, Geschäfte und Schulden sind das Thema dieser Zeitungsnotiz, bloß wie sie zusam- mengehören, das hält der "SZ"-Schreiber schlichtweg für nicht mitteilenswert. Offenbar dient der sambische Staat nicht nur der weltweiten Marktwirtschaft mit Kupfer und Zinsen auf seine 6 Mrd. Dollar Auslandsschulden; auch im Innern hat er sich um den Aufbau einer Marktwirtschaft verdient gemacht. Das Grundnahrungsmittel seiner Leute hat er zu einer Ware erhoben, die nur für Geld zu haben ist, ungeachtet dessen, daß die Leute, die satt werden wollen, dieses Geld gar nicht haben. Damit trotzdem Marktwirtschaft herrscht, also vor dem Sattwerden das Geschäft kommt, muß der Staat mit eigenen Finanzmitteln dafür sorgen, daß aus der Armut der Leute noch so etwas ähnliches wie marktwirtschaftlicher Reichtum herauszuholen ist. Das ist die Sache, die in Drittwelt- ländern "Subventionen" heißt. Dagegen schreitet der IWF ein. Er hat die Außenverschuldung Sambias überprüft und ist - wieder ein- mal - zu dem Ergebnis gelangt, daß da ein Staat der "Dritten Welt" "über seine Verhältnisse" lebt. Zwar wissen auch die Exper- ten vom IWF, daß Sambias Schulden viel mehr mit dem Verfall des Kupferpreises zu tun haben als mit Maisbrei. Nur ist der IWF für den Kupferpreis nicht verantwortlich. Er ist zuständig für den Befund, daß der Staat Sambia zu teuer ist. Zu teuer für ausländi- sche Kreditgeber, die diese Staatsgewalt ja wirklich nicht mit Devisenschulden versorgen, damit sie anschließend ihr Volk füt- tert. Statt womöglich noch Futtermittel zu importieren, sollen die sambischen Bürokraten sich lieber darum kümmern, den Mais - wo er doch schon eine Ware ist - dem Ausland zu verscheuern. Das wäre eine sehr wünschenswerte "Diversifizierung der Export- struktur". Die führenden Neger in Lusaka waren einsichtig. Sie haben ihre Lebensmittelsubventionen zu unnötigen Haushaltsposten erklärt und gestrichen. Den nötigen Respekt für diese Entscheidung ver- schafften sie sich bei ihrer uneinsichtigen Bevölkerung durch den Polizeieinsatz vor Ort. Das hat ihrer Kreditwürdigkeit im Ausland enorm aufgeholfen, und der IWF ist zufrieden - bis auf weiteres. Ein schöner Erfolg der Marktwirtschaft. Oder auch: So geht Hilfe zur Selbsthilfe. zurück