Quelle: Archiv MG - AFRIKA ALLGEMEIN - Hungertod in 24 Staaten
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MSZ 1/81
Afrika
DIE BRD AUF DEM VORMARSCH
Wenn der Entwicklungsminister Offergeld im Sommer einen Trip nach
Afrika unternimmt, berichten die Journalisten hierzulande
ziemlich nebenbei von seinen Reisen. Am wichtigsten erscheint ih-
nen noch, daß er zuerst (in Simbabwe, dann in Mosambik und am
Ende gar noch bei ganz alten Freunden in Somalia gewesen ist und
sich deren Verhungernde angesehen hat. Auch die anschließenden
Gegenbesuche im Herbst laufen fast schon unter der Rubrik Ver-
schiedenes. Nicht einmal mehr die Opposition regt sich besonders
darüber auf, wenn Genscher einen ausgewachsenen Guerillachef aus
Namibia (man erinnert sich: Deutsch-Südwestafrika) empfängt, hat
der Außenminister doch versichert, daß er zum Zwecke der "Lösung
der Namibia-Frage mit allen politisch relevanten Kräften der Re-
gion spreche, ohne die eine Lösung des Konflikts dicht möglich
ist". Der Gegenspieler der Guerilleros war schließlich auch schon
in Bonn.
Die deutsche Stellung zum Problem dieser Region kann als sehr
ausgewogen bezeichnet werden: Appelle an Südafrika, sich an den
UNO-Erlaß zu halten, ohne daß die Bundesrepublik an ihren Ge-
schäften mit Südafrika irgendwelche Abstriche machen würde; Ge-
spräche mit allen potentiellen Souveränen Namibias, damit dann
nach einer Lösung die Beziehungen schon stehen. Diese keineswegs
zwiespältige Politik, in der Parteibuch und Hautfarbe eine unter-
geordnete Rolle spielen, zahlt sich aus, wie man am Beispiel
Simbabwe sehen kann:
"Die vor zwei Jahren durch Kontakte zur ZANU-Partei Mugabes aus-
gebauten Beziehungen zur heutigen Regierung in Salisbury sind Of-
fergeld zufolge 'schon fast freundschaftlich' und eine gute Basis
für weitere Zusammenarbeit." (Süddeutsche Zeitung)
Und wie die aussieht, gibt die Bundesstelle für Außenhandelsin-
formation in ihren Mitteilungen für Weltwirtschaftliche Zusam-
menarbeit bekannt:
"Im Einvernehmen mit den beteiligten Ressorts erklärte das Bun-
desministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) das Pro-
gramm 'Projektbestimmte Warenhilfe (Wiederaufbauprogramm) I + II'
für förderungswürdig, gewährte der Republik Simbabwe im Rahmen
der Finanziellen Zusammenarbeit zwei Darlehen von insgesamt 40
Mio. DM (2 x 20 Mio. DM) zur Mitfinanzierung der Devisen und Lan-
deswährungskosten des Programms und ermächtigte die Kreditanstalt
für Wiederaufbau (KfW) Frankfurt/Main, mit der Regierung der Re-
publik Simbabwe in entsprechende Darlehensverhandlungen einzutre-
ten....
Simbabwe: Warenhilfe III
Im Einvernehmen mit den beteiligten Ressorts stellte das Bundes-
ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) der Regie-
rung von Simbabwe im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit ein
Darlehen von 10 Mio. DM zur Finanzierung des Imports von Gütern
zur Deckung des laufenden, notwendigen, zivilen Bedarfs und der
damit zusammenhängenden Leistungen zur Verfügung und ermächtigte
die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KFW), Frankfurt/Main, mit der
Regierung von Simbabwe in entsprechende Verhandlungen einzutre-
ten." (MWZ 34/80)
Ebenso konnte in einem Land wie Mosambik, das noch vor einem Jahr
zu den treuesten Parteigängern der SU in Afrika gerechnet wurde,
"mit Genugtuung Anerkennung für die deutsche Afrika-Politik fest-
gestellt werden", wie Hans Schüßler, Ministerialdirigent im BMWi,
freudig bemerkte, denn "das beginnt sich auch wirtschaftlich aus-
zuzahlen".
Bescheidenheit ist eine Zier...
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Neue Geschäfte in Afrika kommen also in Gang, langsam aber si-
cher, weil es mit den politischen Bedingungen dafür vorwärts
geht. Günstig macht sich hierfür ohne Zweifel die Unzufriedenheit
der "neuen Partner" mit ihren jeweiligen "alten großen Freunden"
bemerkbar. In Bonn weiß man, daß
"die Art und Weise, wie sich die SU in Afrika ihre brüderliche
Hilfe mit Mineralien oder durch Raubbau am Fischvorkommen bezah-
len läßt, auch in Maputo (der Hauptstadt von Mosambik) zum Nach-
denken über die Vorteile volkswirtschaftlicher Integration führen
wird." (Nachrichten für den Außenhandel)
Länder, die diese angeblich vom Westen selbstlos geschenkten Vor-
teile momentan genießen, weil sie zur Einflußsphäre der USA oder
einer alten Kolonialmacht gehören, werden gern zitiert, wenn sie
dem deutschen Besuch mit ein wenig Kritik an den anderen entge-
genkommen.
"Simbabwische Kabinettsmitglieder würdigten die Führungsrolle der
Bundesrepublik bei der Hilfe für ihr Land und übten scharfe Kri-
tik an den USA sowie der einstigen Kolonialmacht Großbritannien,
die Hilfszusagen bisher nicht eingehalten hätten." (Süddeutsche
Zeitung)
Besser kann's nicht laufen. Mit der angeblichen Zurückhaltung und
Bescheidenheit auf fremdem Territorium, läßt sich jetzt, mit der
zweitstärksten Wirtschaft der Welt im Rücken, ausgezeichnet Poli-
tik machen in der internationalen Konkurrenz um Afrika. So wird
bei jeder sich bietenden Gelegenheit die typisch deutsche Hilfs-
bereitschaft, Zuverlässigkeit, Gründlichkeit, der internationale
Friedens- und Nord-Süd-Willy usw. aus der Tasche geholt. Ganz ne-
benbei hat man auch noch die ökonomische Durchschlagskraft der
deutschen Wirtschaft anzubieten und vorzuzeigen. Eine kleine
Rundfahrt durchs Ruhrgebiet läßt einen, Oberneger, der bisher mit
England oder der DDR zu tun gehabt hat, nicht unbeeindruckt,
zumal diese Schau deutschen Fortschritts ein politisches Angebot
enthält.
Hat ein Land wie Mosambik das leidige Problem, wegen seiner
"engen Bindungen an die DDR und die SU die Berlin-Klausel nicht
akzeptieren zu können", so wird doch heute niemand mehr so dogma-
tisch sein und das Land deswegen aus dem Freundeskreis der BRD
verstoßen. Bundesminister Offergeld jedenfalls beweist eine sehr
moderne Einstellung und geht überaus rücksichtsvoll zu Werke,
wenn es darum geht, den Konkurrenten aus dem Osten auszubooten:
"Wir waren uns einig darin, daß die politischen Hindernisse im
Geist des gegenseitigen Verständnisses angegangen werden müssen.
Trotz dieses Problems können unsere Beziehungen verbessert wer-
den."
Kredite und Importe schaffen mehr als ein günstiges Klima
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Wär ja auch ziemlich unvernünftig, die Tür wieder zuzuschlagen,
in der man schon einen Fuß hat. Damit es weiter vorwärts geht,
bietet die Bundesregierung ihren Markt an. Die Schwarzen dürfen
bei uns nicht nur ihr Handgeschnitztes verkaufen, auch sonst wer-
den alle Produkte und Rohstoffe abgenommen, "an denen der deut-
sche Markt ein großes, ja wachsendes Interesse besitzt"
(Schüßler).
"Im Gegensatz zu den Industrieländern insgesamt" (das sind eben
die Konkurrenten der BRD in Afrika) "hat die Bundesrepublik in
den letzten Jahren aus außereuropäischen nichterdölexportierenden
Entwicklungsländern mehr importiert als exportiert." (17 Thesen
zur Entwicklungspolitik)
Für dieses sorgfältige Abtragen des "Nord-Süd-Gefälles" in der
Handeslbilanz spricht sich die BRD ein dickes Lob aus und
streicht sich damit gegen die Konkurrenz im Afrikageschäft her-
aus. Darüberhinaus zeigt sich die Bundesregierung auch sonst
nicht kleinlich: "Nahrungsmittelhilfe" macht sich in der gar
nicht ideologischen Auseinandersetzung immer noch gut, ist somit
bei entsprechendem Entgegenkommen selbstverständlich; und
"Finanzhilfeabkommen über 50 Millionen Mark" sind kleines Geld
für einen größeren Effekt. Verschenkt wird dabei natürlich erst
einmal nichts, sondern alles über Kredite abgewickelt ("Die Deut-
sche Bundesbank wird Anfang September vor Ort Kontakt mit ihren
Kollegen in Maputo aufnehmen." Schüßler), wobei aber immer die
Möglichkeit offen bleibt, daß
"früher gewährte Kredite von Fall zu Fall in Zuschüsse umgewan-
delt werden." ( 17 Thesen...)
Das Geld ist nämlich keineswegs hinausgeworfen, auch wenn man da-
mit rechnen muß, daß man einen Großteil davon nicht zurückbe-
kommt. Es trägt schließlich
"entscheidend dazu bei, daß diese Länder die notwendigen Investi-
tionsgüter für ihre weitere Entwicklung finanzieren können." (17
Thesen...)
Und darum geht es eben. Nicht umsonst
"betont die Bundesregierung die Notwendigkeit einer ständigen
Verbesserung des Investitionsklimas in Entwicklungsländern." (17
Thesen...)
Denn bevor deutsche Unternehmer - weil "sie Realisten sind. Sie
machen Geschäfte mit jedem, wenn sie von Vorteil sind."
(Schüßler) - ihr Kapital in einem Bananenstaat arbeiten lassen,
müssen halt einige Voraussetzungen dafür geschaffen sein, die
sich unser Staat einigen ökonomischen Idealismus kosten läßt, so-
weit er für die Herstellung freundschaftlicher Beziehungen not-
wendig ist.
Ruhe und Ordnung sollte auf jeden Fall herrschen:
"Bleibt das Land stabil, so ist um das Investitionsklima nicht zu
fürchten."
Auch in Afrika hat man sich an die unternehmerische Freiheit zu
gewöhnen:
"Er weiß, daß er den Investoren den freien Transfer von Kapital
und Dividenden garantieren muß. Das soll geschehen."
Ein spezielles Extraprofitchen muß sich auf alle Fälle machen
lassen:
"Es wird sicherlich ein Anreiz für Investoren zu finden sein,
möglichst viel Kapital im Land zu lassen. Das ist nichts außerge-
wöhnliches. Ob es auch geschieht, hängt unter anderem von der
Höhe des Anreizes ab." (alle Zitate Schüßler)
Schafft ein Staat solche Bedingungen, dann ist es kaum eine
Schranke mehr, wenn er in einer "Art Zwangsehe" (Offergeld) mit
der SU steckt. Die Bundesregierung hält sich ja streng an den
Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten ei-
nes fremden Staates, wenn sie sich auf ihre Art in ihn einmischt.
Kann sie doch guter Hoffnung sein, daß der, der "neue Investitio-
nen " will, schon einen "strikt unabhängigen Kurs steuern" wird,
direkt hinein in ihre bzw. die Arme des freien Westens.
So entwickelt sich deutscher Imperialismus in Afrika ohne kolo-
nialen Dreck am Stecken, mit dem gepflegten Ruf keine imperiale
Macht zu sein; mit dem Ideal der Hilfe für Entwicklung und der
Nichteinmischung (gegen den Osten); mit einem idealen Kapital in
der Vorhand - also sehr realistisch.
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